Montag, 16. September 2013

Wie wähle ich die richtige Erzählhaltung?



Schwierige Frage.

Zunächst einmal muss man sich klar machen, dass es kein Falsch oder Richtig in dieser Frage gibt. Jede dieser Erzählhaltungen hat ihre Stärken, aber man sollte sich auch ihrer Einschränkungen bewusst sein. Wenn du die Übungen mitgemacht hast, wirst du gemerkt haben, was für einen riesen Einfluß die Erzählhaltungen auf Tonfall und Stil hat. Nun muss der Autor nur noch wählen, welcher Tonfall am besten zu seiner Geschichte passt und er sollte sich fragen, welche Wirkung er beim Leser erzielen will.
Manchmal kann es nötig sein, einen Absatz oder eine Szene in einer anderen Erzählhaltung umzuschreiben und zu vergleichen. Was gewinnt, was verliert die Szene dabei?
Auch sollte man überlegen, ob es Szenen gibt, die aus einer bestimmten Perspektive heraus schwer oder zumindest problematisch zu beschreiben sein werden, ob es Informationen gibt, die nur auf einem bestimmten Wege eingeflochten werden können, oder ob es nötig ist, dem Leser etwas zu verschweigen und deswegen z.B. ein omniscient Narrator Probleme machen könnte.
Wer sich einmal für eine Erzählhaltung entschieden hat, muss diese das ganze Manuskript hindurch konsequent durchhalten und darf diese nicht ändern.
Das wäre ein Perspektivbruch.
Etwas anderes ist es, die Erzählperspektive zu ändern.

Wohlgemerkt: Erzählhaltung und Erzählperspektive sind nicht dasselbe!
Die Erzählhaltung setzt fest, wer der Erzähler der Geschichte ist.
Die Erzählperspektive benennt den jeweiligen Perspektivträger, sprich eine Figur (häufig der Protagonist). Der Perspektivträger kann wechseln. So kann ein Kapitel aus der Sicht des Mörders, ein anderes aus der Sicht des Detektivs geschrieben sein; beides aber wäre in der Erzählhaltung eines Third Person Narrators.
Der Autor muss sich also zunächst Gedanken über seinen Erzähler machen und in zweiter Instanz dann darüber, welche Figur am besten geeignet ist, die jeweilige Szene oder das jeweilige Kapitel zu erzählen und ob er überhaupt verschiedene Perspektivträger haben will.
Es gilt also viele Entscheidungen zu treffen.


Der Autor hat die Qual der Wahl.
Jedoch bevorzugen die meisten Autoren eine bestimmte Erzählhaltung, sei es aus Gewohnheit oder weil sie auch selber gerne Romane in dieser Erzählhaltung lesen.
Ich ermuntere aber dazu, einmal etwas Neues auszuprobieren.
Vielleicht stellt Deiner Einer ja überraschenderweise fest, dass ihm der Omniscient Overt Narrator liegt, obwohl er normalerweise in Third Person objective schreibt und liest.
Desweiteren ermuntere ich dazu, in einem breiten Spektrum zu lesen und sich von den vielen Möglichkeiten und Wegen, die andere Autoren gegangen sind, inspirieren zu lassen.


Es gibt komplizierte Geschichten, die eine einfache Erzählhaltung erfordern und es gibt einfache Geschichten, die durch eine komplizierte Erzählhaltung an Glanz gewinnen. Bestimmte Genres fordern bestimmte Erzählhaltungen (und manche Verlage auch).
Warum aber nicht gerade deswegen einmal versuchen, etwas zu schreiben, dass diese Konvention durchbricht?
Vielleicht könnte genau das – die Wahl einer ungewöhnlichen Erzählhaltung – das sein, was dein Manuskript von all den anderen unterscheidet, die ebenfalls in deinem Genre veröffentlichen wollen.
Vorausgesetzt, Deiner Einer hat sich genügend mit den Erzählhaltungen vertraut gemacht und weiß, was er tut.

  

Noch Fragen?


Hier geht es noch einmal zu allen Erzählhaltungen:











Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen