Donnerstag, 26. März 2015

Verlagsverträge: Die Wettbewerbsklausel

Business Bunny Teil 20



Das Business Bunny erklärt Verlagsverträge und verlässt den Normvertrag für Autoren um sich einer Vertragsklausel zu widmen, die manchmal in Verlagsverträgen zu finden ist:  
Die Wettbewerbsklausel (auch Konkurrenz-Ausschluss-Klausel genannt).
Die Wettbewerbsklausel findet sich unter verschiedenen Formulierungen, aber in etwa lautet sie so:

§ 15 Der Autor verpflichtet sich, dem Werk während der Vertragslaufzeit nicht durch Veröffentlichungen gleicher oder ähnlicher Werke in anderen Verlagen Konkurrenz zu machen.

Bedeutet:

Diese Klausel verbietet dem Autor „gleiche“ oder „ähnliche“ Werke bei anderen Verlagen herauszubringen. Und ja, "ähnlich" bedeutet, dass ein Autor, der seinen Krimi bei Verlag X untergebracht hat, keinen anderen Krimi bei Verlag Y veröffentlichen darf.
 
Die Formulierung spezifiziert nicht, wann ein Werk einem anderen „ähnlich“ ist. Ist ein Thriller einem Krimi ähnlich? Eine Krimikurzgeschichte einem Kriminalroman? Im Zweifelsfall bestimmt der Verlag, was „ähnlich“ bedeutet und nicht der Autor, und kann verbieten, dass eine Sammlung mit Kurzgeschichten zeitgleich mit einem Roman erscheinen soll.
Die Formulierung „gleiche“ Werke bedeutet, wenn der Autor z.B. die Rechte an einer Hörbuchfassung behalten hat, so darf er das Hörbuch zu seinem Werk nicht auf eigene Faust herausbringen (z.B. über ACX) oder über einen anderen Hörbuchverlag.
Desweiteren gilt dieses Verbot „während der Vertragslaufzeit“, das bedeutet bei manchen Verträgen für immer. (Für die Zeit des gesetzlichen Urheberrechts, bis zu 60 Jahre nach dem Tod des Autors.)

Was ist zu beachten?

Diese Klausel sollte kein Autor jemals unter keinen Umständen unterschreiben, denn sie hält einen Autor davon ab, zu schreiben und zu veröffentlichen. 
Denn wer bestimmt, wann ein Werk einem anderen „Konkurrenz“ macht?
Verlage haben diese Klausel aufgenommen, da sie verständlicherweise nicht möchten, dass ein Jungautor, den sie aufgenommen und in den sie investiert haben, zu einem anderen Verlag abwandert. Aber die unspezifische Formulierung bindet einen Autor für den Rest seiner Karriere an den Verlag – und in Zusammenhang mit der Optionsklausel ist es ihm nicht einmal möglich, bessere Konditionen zu verhandeln.
Wenn der Verlag auf einer Wettbewerbsklausel besteht, so sollte diese ein Zeitlimit enthalten und das Werk spezifizieren. Während der Vertragslaufzeit kann bedeuten, solange das Werk lieferbar ist. Als Ebook-Format als ewig.

Eine Formulierung könnte in etwa so lauten:
§ 15 Der Autor verpflichtet sich, kein Werk in einem Zeitraum von (1) Jahr nach Veröffentlichungsdatum ohne schriftliche Einverständniserklärung des Verlages im Umfang von 30.000 Wörtern im Krimigenre bei anderen Verlagen zu veröffentlichen. 

Dies ist immer noch eine Klausel, die einen Autor für ein ganzes Jahr ausbremst.
Die Wettbewerbsklausel taucht in manchen Verträgen mit noch strengeren Formulierungen auf, in denen sie dem Autor sogar verbietet Blogbeiträge, Sachartikel, Kurzgeschichten oder Romane ganz anderer Genres zu veröffentlichen. Und der Autor erhält dafür keinerlei finanzielle Entschädigung für ausgefallene Einnahmen, die der Autor u.U. mit diesen weiteren Werken erhalten könnte.
Die Wettbewerbsklausel ist ein Grund, warum Autoren neue Pseudonyme starten. Damit sie veröffentlichen dürfen und ihren anderen Werken unter anderem Namen keine Konkurrenz machen.

Und wer glaubt, dass Verlage ein verständliches Interesse daran haben, dass der Autor eine lange Zusammenarbeit mit ihnen anstrebt und es doch in Ordnung ist, wenn der Verlag einen an sich binden will, der lese sich folgenden Fall der Autorin Kiana Davenport durch.

Frau Davenport unterschrieb 2012 einen Vertrag mit Riverhead Books, einem Imprint von Penguin, für ihren historischen Roman, der ein Jahr später erscheinen sollte. Dafür erhielt sie einen Vorschuss von 20.000 Dollar. Zuvor hatte sie eine Kurzgeschichten-Sammlung mit ihren preisgekrönten Kurzgeschichten bei Amazon hochgeladen und lud nach Vertragsabschluss zwei weitere hoch. Als ihr Lektor das herausfand, schrie er sie am Telefon an und bezichtigte sie des Vertragsbruchs (basierend auf der Wettbewerbsklausel) und forderte, dass sie die Kurzgeschichten von der Plattform nahm. Da diese sich aber sehr gut verkauften (über 600.000 mal) weigerte sie sich. Der Verlag kündigte daraufhin ihren Vertrag und forderte die 20.000 Dollar zurück.

Es ist nicht einzusehen, warum eine (gut laufende!) Kurzgeschichten-Sammlung einem Roman desselben Autors Konkurrenz machen sollte. Im Gegenteil, Leser der Kurzgeschichten werden sich für den Roman derselben Autorin interessieren. Autor und Verlag profitieren davon.
In diesem speziellen Fall von 2012 ging es dem Verlag wahrscheinlich um verletzten Stolz, weil man Amazon als den großen Feind ansah und seine Autorin nicht an diesen verlieren wollte.
Tja, die Taktik des Verlages ging nicht auf, der Verlag hat das Gegenteil erreicht und Amazon eine weitere Autorin für sich gewonnen.

Mehr über Wettbewerbsklauseln kann man hier nachlesen: 


Beim nächsten Mal schauen wir an, was bei Mehrbuchverträgen zu beachten ist. 

Donnerstag, 12. März 2015

Verlagsverträge: Die Optionsklausel

Business Bunny Teil 19



Das Business Bunny erklärt Verlagsverträge und verläßt den Normvertrag für Autoren um sich einer Vertragsklausel zu widmen, die häufig in Verlagsverträgen zu finden ist: Die Optionsklausel.
Die Optionsklausel findet sich unter verschiedenen Formulierungen, aber in etwa lautet sie so:

§ 14 Option
Der Autor räumt dem Verlag eine unwiderrufliche Option auf den Erwerb des nächsten zur Veröffentlichung bestimmten Werkes des Autors ein und ist verpflichtet, die neuen Werke dem Verlag vorzulegen und verpflichtet sich, erstranging mit dem Verlag vor etwaigen Dritten zu verhandeln. Der Verlag ist verpflichtet innerhalb einer Frist von … Monaten nach Vorlage des neuen Werkes schriftlich zu erklären, ob er das neue Werk übernimmt oder nicht.
Bedeutet:
Der Autor muss sein nächstes Manuskript diesem Verlag anbieten, und der Verlag hat x Monate (üblicherweise 2) Zeit, sich zu entscheiden, ob er das Nachfolgewerk ebenfalls veröffentlichen möchte oder nicht.
Was ist zu beachten?
Zunächst einmal klingt es ja nicht schlimm, dass der Verlag auch am Nachfolgewerk des Autors Interesse hat und es sich ansehen möchte. Für den Autor ist es doch auch gut, wenn sie sein nächstes Werk ebenfalls veröffentlichen wollen, oder? Nun, nichts hindert den Autor daran, seinen Lektor anzurufen, wenn sein nächstes Werk vollendet ist, und es dem Verlag anzubieten. Dafür braucht er keinen Vertrag. Der Vertrag aber zwingt ihn, sein Werk dem Verlag anzubieten – egal um was es sich bei dem Werk handelt, also auch Werke in anderen Genres oder mit anderen Zielgruppen – und muss 2 Monate auf eine Antwort warten, bevor er das Manuskript anderen Verlagen anbieten darf. Selbst wenn der Autor negative Erfahrungen mit diesem Verlag gemacht hat, und er nicht wieder bei ihnen veröffentlichen will, muss er ihnen sein nächstes Werk anbieten.
Ungünstig ist außerdem, dass der Autor dem Verlag sein nächstes Werk fertig geschrieben vorlegen muss. Eine günstigere Variante ist es, wenn es genügt, Exposé und Leseprobe einzureichen. Die Option sollte auch nur für das nächste Werk, nicht für die nächsten Werke gelten.
Außerdem sollte spezifiziert werden, welche Art von Werken dem Verlag vorzulegen sind, also Werke in demselben Genre oder das „nächste Sachbuch“ oder das „nächste Werk in der Serie“ o.ä. , so steht es dem Autor frei, weiterhin andere Genres zu bedienen. Auch kann die Option an seinen Namen gebunden sein und es steht ihm frei unter einem Pseudonym andere Werke (in anderen Sachgebieten) zu veröffentlichen.
Manche Verträge fordern sogar ein Optionsrecht für Werke, die in einem anderen Verlag erschienen sind und deren Rechte an den Autor zurückfallen.
Und es geht noch weiter:
Macht der Verlag von dieser Option Gebrauch, so gelten die Bestimmungen dieses Vertrages, soweit die Parteien nichts abweichendes vereinbaren.

Bedeutet:

Das Werk wird also automatisch zu den gleichen Konditionen übernommen – es sei denn, es wird anderes vereinbart. Wenn nichts anderes vereinbart wird, bekommt der Autor die gleichen Tantiemen wie beim Erstling, denselben Vertrag – in dem dann wiederum eine Optionsklausel auf sein nächstes Werk steht!

Sollte der Autor von einem Dritten ein Angebot auf den Erwerb der Nutzungsrechte an dem neuen Werk erhalten und sollte der Autor beabsichtigen, dieses Angebot anzunehmen, so wird der Autor den Verlag über die Bedingungen und Konditionen des Drittangebots informieren. Dem Verlag steht innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Erhalt der Information das ausschließliche Recht zu, die Nutzungsrechte an dem neuen Werk zu den Konditionen und Bedingungen dieses Drittangebots zu erwerben. Sollte der Verlag dieses Recht nicht innerhalb der Frist ausüben, so ist der Autor berechtigt, dieses Drittangebot anzunehmen. Der Autor darf Dritten die Nutzungsrechte an dem neuen Werk nicht zu besseren Konditionen als denen im Drittangebot aufgeführten einräumen.
So und hier kommts dann noch einmal knüppeldicke.
Bedeutet: Wenn ein anderer Verlag mehr bietet, so darf sich der Autor nicht für das bessere Angebot entscheiden, sondern muss zu seinem alten Verlag – dieser aber ist gezwungen, dem Autor eben diese besseren Konditionen zu bieten. Der Autor darf außerdem nicht zu einem Verlag gehen, wenn diese ihm ungünstigere Bedingungen bieten. Das klingt zunächst einmal so, als wäre das sowieso im Sinne des Autors. Was aber, wenn er nicht mit den Marketing- oder Lektoratsleistungen seines Verlages einverstanden war und zu einem anderen Verlag wechseln möchte, obwohl diese ihm weniger Geld bieten?

Der Autor sollte sich frei für ein Angebot eines Verlages entscheiden können, findet Meiner Einer. Was er seinem Verlag gewähren kann, ist das Erstleserecht und ein Recht aufs erste Angebot.
Optionen sollten außerdem, wie bei einer Filmoption, bezahlt werden.
So kann man z.B. einen Zusatz aufnehmen wie:
Für die Einräumung der Option leistet der Verlag an den Autor eine Optionsgebühr in Höhe von ... Euro. Diese ist mit allen Vergütungsansprüchen des Autors, die sich aus der Verwertung des optionierten Werkes ergeben, zu verrechnen. Übt der Verlag innerhalb der Frist die Option nicht aus, so verfällt die Optionsgebühr zu Gunsten des Autors.
Am besten aber lässt der Autor diese Klausel streichen.
Es ab schon Fälle, in denen Autoren durch Optionsklauseln so ungünstig an ihre Verlage gebunden waren, dass sie Manuskripte absichtlich „schlecht“ verfassten, um von ihrem Verlag abgelehnt zu werden, bevor sie sich ihrem eigentlichen „richtigen“ Manuskript widmen konnten.
Im schlimmsten Fall hält die Optionsklausel einen Autor an den Verlag gebunden, ohne dass er jemals bessere Konditionen verhandeln kann.
Also, aufgelauscht bei dieser Klausel und ganz genau den Wortlaut durchlesen.
Und im Zusammenschluß mit einer weiteren Klausel, kann es für den Autor ganz übel aussehen. Aber darüber sprechen wir nächstes Mal, wenn es um die Wettbewerbsklausel geht.