Sonntag, 31. August 2014

Was bedeuten all die kryptischen Zahlen auf einer Verlagsabrechnung?


Business Bunny Teil 10

Es ist soweit, dein Buch ist seit über 6 Monaten in den Buchläden erhältlich (oder seit einem Jahr, je nach Vertrag) und du erhältst per Email oder mit der Post deine allererste Honorarabrechnung ! Nur… was bedeuten all die kryptischen Zahlen und Abkürzungen?

Verlags-Honorarabrechnungen lesen und verstehen zu können, ist eine Kunst für sich. Es gibt keine gesetzlich vorgeschriebene Form wie diese auszusehen haben, jeder Verlag hat seine eigene Abrechnungsweise und ihre Belege unterscheiden sich sehr in den aufgelisteten Details und Informationen, so dass es sehr kryptisch werden kann, diese zu entziffern. Selbst Agenten und Buchhalter strecken davor manchmal die Hufe.

Es ist nahezu unmöglich zu überprüfen, ob die in der Abrechnung angegebenen Verkaufszahlen stimmen. Selbst Amazon-Verkaufsränge und Media Control (auf das ein Autor keinen Zugriff hat, aber sein Agent) können nur ein Indiz für die Höhe des Absatzes eines Buches sein, sie liefern keine klaren Verkaufszahlen. Die Verlagsabrechnung ist also das erste Mal, dass ein Autor erfährt, wie gut sein Buch sich bisher verkauft hat.
Oder zumindest sollte er das aus der Abrechnung erfahren können.
Im Vertrag wurde festgehalten, wann und wie oft mit dem Autor abgerechnet wird. Üblicherweise erst nach einem Jahr, manchmal bereits nach sechs Monaten oder im Quartal (siehe Business Bunny Teil 4.) Nur Ebook-Selfpublisher kommen in den Genuß von monatlichen Abrechnungen und Zahlungen.

Damit ein Verlagsautor verstehen kann, wie sein Buch sich macht, braucht er mehrere Angaben (und selten sind diese alle in der Abrechnung aufgeführt):
  •  Auflagenhöhe
  •  Anzahl der versandten Exemplare
  •  Anzahl der verkauften Exemplare
  •  Art der Tantiemen: regulär, rabbatiert, Sonderpreis, Auslandslizenz etc.
  • Höhe der Tantiemen (in Prozent % oder Euro und Cent)
  • Anzahl der Remittenden
  •  Rückhalt gegen Remittenden (üblicherweise in Euro)
  •  Honorar aus Verkauf von Nebenrechten / Tantiemen aus Nebenrechten
Auflagenhöhe 

Die Höhe der Auflage (wie viele Bücher tatsächlich gedruckt wurden) ist den Autoren zumeist nicht bekannt. Selbst wenn die Erstauflage vertraglich festgelegt wurde, so kann es bei hoher Nachfrage zu weiteren Auflagen kommen, ohne das dem Autor spezifisch mitgeteilt wurde, wie viele Exemplare nachgedruckt wurden. Die Gesamtauflage der gedruckten Bücher ist aber ein wichtiger Parameter um zu verstehen, wie gut die Verkäufe sich machen. Wenn die Erstauflage nicht einmal hoch genug war, als dass die daraus erzielten Tantiemen den Vorschuß wieder einfahren könnten, so weißt du, dass der Verlag keine hohen Erwartungen an das Buch hat, aber wenn die Erstauflage doppelt so hoch war wie dein Vorschuß, so spielst dein Buch in einer anderen Liga.
Außerdem kann nur ein Vergleich der verkauften Bücher in Relation mit der Gesamtauflage etwas über den tatsächlichen Verkauf der Bücher aussagen.

Anzahl der versandten Exemplare

Nicht alle gedruckten Exemplare werden (an Buchhändler) versandt. Verlage behalten manchmal einen Teil davon selbst auf Lager, um Nachbestellungen schneller abdecken zu können, um Rezensionsexemplare und Autorenexemplare vorrätig zu haben oder weil die Vorbestellungen hinter den Erwartungen zurückblieben. Tantiemen werden auf Grundlage der versandten Exemplare berechnet. Versandte Exemplare werden aber entweder verkauft oder wenn sie nicht verkauft wurden, später von den Buchhändlern zurückgesandt (remittiert).
Anzahl der verkauften Exemplare 

Dies sollte die Zahl sein, die Autoren interessiert. Leider bedeutet aber „verkauft“ nicht an den Endkunden (den Leser), sondern auf Kommission von den Buchhändlern abgenommen (oder sogar nur vorbestellt). Das bedeutet, dass diese Zahl (in einer Abrechnung) später um die Remittenden wieder verringert wird. Wenn also z.B. in einer Abrechnung steht, dass 5000 Exemplare verkauft wurden, dann bedeutet das, dass Buchhändler 5000 Exemplare geordert und bezahlt haben, dass sie aber, wenn sie diese Bücher nicht alle loswerden, sie diese ein paar Monate später an den Verlag zurückgeben. Anstelle von Geld bekommen sie dann normalerweise Kredit für andere Bücher (sie tauschen also Bücher gegen Bücher). Das Geld, das für die erste Fuhre bereits gezahlt wurde, wird also nicht an den Autor weitergegeben, sondern „verrechnet“. In der Praxis sieht das so aus, das diese zurückgegebenen Bücher auf zukünftigen Abrechnungen beim Autor als Minus (markiert als remit. oder credit) auftauchen.

Art der Tantiemen 

Hier wird die Höhe der Tantiemen laut Vertrag festgehalten, also z.B. 6% vom Nettoladenpreis für eine Taschenbuchausgabe (siehe Business Bunny Teil 1 ), oder die laut Vertrag geregelte Vergütung für Sonderausgaben oder Rabbatte.

 Anzahl der Remittenden 

Die Anzahl der Remittenden werden von der Anzahl der verkauften Bücher abgezogen, und erscheinen als Minus auf der Abrechnung.

Rückhalt gegen Remittenden

Um sich gegen eine hohe Anzahl an Remittenden zu versichern, behält der Verlag oft eine Rücklage ein, das bedeutet, dass trotz „verkaufter“ Bücher der Verlag dem Autor nicht die volle Höhe der Tantiemen ausbezahlt, sondern einen Prozentsatz einbehält. (In manchen Fällen 50-70 % !). Ob und wie viel der Verlag als Rücklage einbehalten darf, sollte vertraglich festgehalten werden. Und natürlich sollte dieser Rückhalt, wenn sich die Bücher doch verkauft haben, ausgezahlt werden. Leider kann bis dahin viel Zeit vergehen.

Honorar aus Verkauf von Nebenrechten / Tantiemen aus Nebenrechten

Wenn der Autor auch seine Nebenrechte an den Verlag abgetreten hat, müssen die Einnahmen aus diesen natürlich auch in der Abrechnung aufgeführt werden. Dies kann auf zwei Arten geschehen: entweder der Verlag nimmt die Nebenrechte selber wahr (z.B. weil er eine eigene Hörbuchproduktion hat) oder er verkauft (lizensiert) die Nebenrechte an Dritte (z.B. einen Hörbuchproduzenten). (Im zweiten Fall agiert der Verlag quasi wie ein Agent.) Für die Vermittlung kann mitunter ein tatsächlicher Sub-Agent für Nebenrechte zwischengeschaltet werden, ohne dass der Autor davon weiß, der Provision erhält. Das schmälert das Autorenhonorar.

Kompliziert wird es, wenn Lizenzen ins Ausland verkauft wurden. Die Abrechnung darüber erfolgt oft undetailliert unter „weiteres“ und für den Autor ist es schwer bis unmöglich nachzuvollziehen, wie viele Exemplare in welchen Sprachen wohin verkauft wurden. Oft hat man sogar "vergessen" den Autor über Auslandsverkäufe zu informieren.

Wer jetzt findet, dass alles ist ein unübersichtliches und kompliziertes System, bei dem viele Fehler unterlaufen können, der hat Recht.

Die amerikanische Historical Romance und Urban Fantasy Autorin Jackie Barbosa hat auf ihrem Blog eine ihrer Honorarabrechnungen online gestellt. (Dort kann Deiner Einer dann mal gucken, wie kryptisch die so aussehen.) Jackie Barbosa tat dies, um ihre Taschenbuchverkäufe mit ihren Ebook-Verkäufen zu vergleichen und hat wütende Kommentare ihres Verlegers Steven Zacharius dafür bekommen. In dem Streit ging es um die Zahl der tatsächlichen Gesamtauflage – die Jackie Barbosa wohl falsch benannt hat – die aber in der Abrechnung nicht drin stehen und die auch der Verleger ihr nicht nennen will. Sie ist aufs Raten angewiesen. (Siehe Kommentare unter ihrem Post).

Das "Unearned" in Jackie Barbosas Abrechnung bedeutet übrigens, dass sie ihren Vorschuß noch nicht wieder eingespielt hat, und das Geld nicht bekommt.
Wenn ein Autor wirklich wissen will, wie sein Buch sich macht, seine Abrechnung ihm aber nicht genügend Details (nicht alle oben genannten Punkte) ausweist, kann er um eine detailliertere Abrechnung bitten.

Noch besser aber, wenn er von vornherein in seinem Vertrag festgelegt hat, dass er detaillierte Abrechnungen bekommt. Und dass er das Recht auf eine Überprüfung der Richtigkeit der Abrechnungen durch einen Wirtschaftsprüfer hat. Die Kosten dafür sollte der Verlag tragen, wenn sich ergeben sollte, dass der ermittelte Betrag mehr als 2% vom vertragsgemäßen Honorar abweicht.

In vielen Fällen hat es schon gereicht, dem Verlag mit einem Wirtschaftsprüfer zu drohen, um eine neue korrektere Honorarabrechnung (zu Gunsten des Autors) zu bekommen.
Denn leider erweisen sich viele Honorarabrechnungen nicht nur als kryptisch, sondern auch als falsch.
(Lest nach bei Kathryn Rusch die erklärt, warum das gewachsene Abrechnungssystem der Verlage nicht mehr zeitgemäß ist und dringend überholt werden müsste. )

Mittwoch, 13. August 2014

Urheberrecht, Ghostwriter und Auftragsarbeiten


Business Bunny Teil 9



Was gibt es beim Urheberrecht zu beachten, wenn man Auftragsarbeiten (z.B. als Ghostwriter) annimmt ?
Das Urheberrecht verbleibt immer beim Autor, die Verwertungsrechte sind es, die „verkauft“ werden (für einen bestimmten Zeitraum in einer bestimmten Verwertungsform lizensiert, siehe Business Bunny Teil 8.) Das bedeutet, dass der Autor bestimmt, wo und in welcher Form sein Werk erscheint, ob sein Werk bearbeitet werden darf (z.B. gekürzt oder erweitert für eine Sonderausgabe) umgeschrieben (z.B. für eine Drehbuchversion) und ob seine Figuren, Welten und Handlungsstränge weitergesponnen und an andere Autoren vergeben werden dürfen (z.B. für eine Comicserie, die auf dem Werk beruht.)

Für jede dieser Bearbeitungen muss der Autor um Erlaubnis gefragt werden und der Vertrag legt fest, in welcher Höhe er an den daraus erzielten Einnahmen beteiligt wird. Daher ist es nicht nur wichtig, im Vertrag festzulegen, welche Haupt- und welche Nebenrechte abgetreten werden, sondern auch, wie diese vergütet werden und zu guter Letzt ob und wie diese Rechte zurückerlangt werden können (z.B. nach einem festgelegten Zeitraum von vielleicht 5 Jahren oder nach Makulierung und Verramschung, siehe Business Bunny Teil 5.)

Anders sieht es aber aus, wenn es sich bei dem Werk um eine Auftragsarbeit handelt.
Manche Romane, vor allem Serien aber auch Sachbücher, werden von Verlagen in Auftrag gegeben. Die Autoren werden engagiert, das Werk unter spezifischen Vorgaben und in einer bestimmten Zeit zu verfassen. Die Verlage übernehmen die Koordination dieser Werke entweder selbst oder engagieren einen „Book Packager.“
(Book waaas? Hatte den Begriff zuvor auch noch nicht gehört. Gibs aber, guckst du hier.)
Auftragsarbeiten werden entweder als Ghostwriter verfasst, unter Pseudonym oder in seltenen Fällen auch unter dem richtigen Namen des Autors. Ob und in welcher Form der Verfasser im Werk genannt wird, wird Teil des Vertrages. 

Ein Autor, der eine Auftragsarbeit übernimmt, muss sich darauf gefasst machen, dass es sein kann, dass er sämtliche Rechte an dem Werk abtritt – einschließlich des Urheberrechts.

Aber... das Business Bunny hat doch gesagt, das Urheberrecht verbleibt immer beim Autor und kann niemandem genommen werden? Was redet der Fussel für Zeug?
Leider ist das so.

L.J. Smith ist die Autorin der „Vampire Diaries“. (Hast du bestimmt schon mal in der Glotze gesehen.) Bevor sie engagiert wurde, die Serie zu schreiben, hatte sie bereits zwei eigene Bücher in dem Genre als Hardcover veröffentlicht. Man bot ihr an, eine romantische Vampirserie für Teenager zu schreiben und sie sagte zu. Was sie nicht wusste war, dass der Vertrag ein „work-for-hire“-Vertrag war (Auftragsarbeit) und dass sie damit all ihre Rechte an der Serie, einschließlich des Urheberrechts, an den Auftraggeber (einem Book Packager names Alloy Entertainment) abgab. Die Serie kam gut an und wurde in eine Fernsehserie umgewandelt. Alles war gut, bis Alloy Entertainment eines Tages  L.J. Smith feuerte und die Serie an einen Ghostwriter übergab, der sie zu Ende schreiben sollte. (Angeblich waren sie nicht zufrieden mit der Richtung, die die Serie nahm.) L.J. Smith hatte mit Unterzeichnung des Vertrages jegliche Rechte an ihren eigenen Figuren und Welten an Alloy Entertainment übertragen. Ein Ghostwriter schreibt nun ihr Werk zu Ende und entscheidet über das Schicksal ihrer Protagonisten. Ob und wieviel Geld sie für Fortsetzungen der Serie, Bücher, Poster, T-Shirts oder Kaffeetassen erhält, ist unklar. 
(Edit: einer Quelle zu Folge ist sie weiterhin an den Einnahmen beteiligt. Künstlerisch aber hat sie kein Mitspracherecht mehr.)
 
Merchandise für dein Buch. Welcher Autor träumt nicht davon?
Als L.J. Smith den Vertrag unterschrieb, wusste sie nicht, was ein „work-for-hire“- Vertrag ist und was dieser bedeutet. ("Auftragsarbeit" oder auf Deutsch auch "Bestellvertrag" genannt.) Sie wusste nicht, was für Konsequenzen ihre Unterschrift haben würde und es kam ihr im Traum nicht in den Sinn, dass man sie jemals von ihrer eigenen, erfolgreichen Serie feuern könnte.

Seither geistert ihre Geschichte als Warnung für Autoren durchs Internet.

Versteht mich nicht falsch: Nichts ist falsch daran, eine Auftragsarbeit anzunehmen. Es gibt sogar viele gute Gründe, warum man sich auf einen solchen Deal einlassen sollte ("Vampire Diaries" machte aus L.J.Smith eine New York Times Bestseller Autorin - und auch finanziell dürfte die Serie ihr einiges eingebracht haben). Nur sollte jedem, der einen solchen Vertrag unterschreibt, bewusst sein, worauf er sich einlässt. Und gegebenenfalls einzelne Vertragsklauseln verhandeln.
Damit euch nicht dasselbe passiert, wie der Vampire Diaries Autorin.
Aber ihr wißt ja nu Bescheid.

Und die Moral von der Geschicht`?

L.J. Smith hat später ihrem Auftraggeber ein Schnippchen geschlagen.
Als Kindle Worlds 2013 seine Pforten öffnete wurden erstmals Fanfictions für Geld angeboten. Da eine Fanfiction auf den Figuren und Ideen eines anderen Autoren beruhen, verletzen diese das Urheberrecht. Manche Autoren verbieten sie daher, andere tolerieren sie, kümmern sich nicht darum oder begrüßen sie sogar, solange niemand versucht, mit ihnen Geld zu verdienen. So tummeln sich tausende von Geschichten auf Seiten wie fanfiction.net , geschrieben von Fans für Fans.Mit Kindle Worlds eröffnete Amazon erstmals aber eine Plattform auf der Fanfictions zum Verkauf angeboten werden, von Werken für die Amazon eigens dafür eine Lizenz erworben hatte. „The Vampire Diaries“ war eine der ersten Welten, in denen Fans ihre Fanfictions auf Kindle World für Geld veröffentlichen durften.
L.J. Smith sah ihre Chance.
Schon zuvor hatte sie auf ihrem Blog und auf anderen Plattformen im Internet von ihrem Schicksal berichtet, von ihrer eigenen Serie gefeuert worden zu sein, und während manche Fans (vor allem der Fernsehserie) sich nicht darum scherten, welcher Name als Autor in den Credits auftauchte, gab es andere treue Fans, die unbedingt das von der wirklichen Schöpferin ursprünglich geplante Ende der Serie zu lesen bekommen wollten. Also veröffentlichte Smith ihre bereits geplanten und bisher unveröffentlichten Fortsetzungen der Vampire Diaries Bücher auf Kindle Worlds als "fanfic based on the Vampire Diaries book series—also by L. J. Smith"  – und stieg damit sofort auf die Bestsellerliste. Auf diese Weise ist es ihr möglich, doch noch ihre Version der Geschichte an die Fans zu bringen. Und damit Geld zu verdienen. 
Happy End?
Die gesamte Geschichte gibt es hier: 

http://www.ljanesmith.net/



Donnerstag, 7. August 2014

Blog Umbauarbeiten

Bitte Geduld !


Dieser Tage bastele ich an einem neuen Design für meinen Blog. Es kann also zeitweise chaotisch werden. Ziel ist es aber, mehr Übersichtlichkeit zu schaffen und einen einheitlicheren Look mit meinen anderen Seiten hinzukriegen. Inhaltlich bleibt alles beim alten, es werden keine älteren Beiträge gelöscht und neue Beiträge wird es weiterhin alle zwei Wochen geben. (Naja, so circa.)
Also bis nächster Woche im (hoffentlich) neuen Gewand !

Euer
Literaturkaninchen