Donnerstag, 3. März 2016

Discoverability und Branding von Serien

Das Gesetz der Serie Teil 5


(Discoverability meint, die Auffindbarkeit von Büchern unter all den tausenden anderen Büchern und Branding ist ein Begriff aus dem Marketing und meint den Wiedererkennungswert von Marken.)

Kennst du das? 
Du kommst nach Hause mit einem frisch gekauften neuen Buch und machst es dir gemütlich - nur um nach ein paar Seiten festzustellen, dass es sich um Teil 5 einer Serie handelt! Aber nirgendwo auf dem Umschlag wurde darauf hingewiesen.
Oder du gehst in einen Buchladen, um dich inspirieren zu lassen, und stehst vor einem Stapel zusammengehöriger Bücher einer Reihe, wie z.B. „Game of Thrones“. Du hast Lust in die Serie einzusteigen– aber was davon ist Band 1? „Die Herren von Winterfell“ oder „Das Erbe von Winterfell“ oder gar „Sturm der Schwerter“? Der Umschlag hilft nicht weiter. Deiner Einer könnte die Buchhändlerin fragen, aber die ist an der Kasse beschäftigt und sieht nicht so aus, als ob sie bald Zeit für dich hätte. Deine Mittagspause ist bald um, und du willst nicht mit einem falschen Buch zum Feierabend dasitzen – deswegen gehst du auf Nummer sicher, und kaufst lieber einen Einzelband von einem anderen Autor...

Serien sind häufig nicht als solche gekennzeichnet, es gibt keine Information zu Vorgänger– oder Nachfolgetiteln auf dem Umschlag (und manchmal noch nicht einmal im Buch selbst) und Verlage sind häufig schlecht darin, Serien als solche zu vermarkten.

Das mag viele Gründe haben:Vielleicht ist das Buch als Einzelband gestartet und erst als es sehr erfolgreich war, wurde beschlossen, eine Serie daraus zu machen. Doch zu dem Zeitpunkt ist der erste Band ja bereits draußen und enthält daher keine Hinweise auf einen Serienbeginn oder Nachfolger. Oder die Serie wurde zuvor bei einem anderen Verlag herausgegeben, so dass die Bücher in unterschiedlichem Designs erscheinen.
Was auch immer die Gründe sind, für den Leser ist es oft schwer, die Bände einer Serie korrekt zuzuordnen. So sehr, dass Fans langjähriger Serien ihre eigenen Wikipedias und Serienwebseiten erstellen, um Neueinsteigern zu helfen, das richtige Buch zu finden. Dabei wäre dies die Aufgabe des Verlages. Das ganze Problem reicht so weit, das der Thrillerautor J.A. Konrath einen Trend auf Amazon in den USA beobachtet hat: Dort werden „Reading Order“- Bibliographien als kurze Ebooks herausgegeben, die nichts weiter tun, als die Werke eines Autors in der richtigen Reihenfolge aufzulisten. Und Käufer zahlen sogar Geld dafür!

Der Leser sollte dafür aber nicht zahlen müssen, diese Informationen müssen dem Leser und den Buchhändlern kostenlos und einfach erreichbar zur Verfügung stehen. Dies ist Aufgabe des Verlags und des Autors. Ein Versäumnis schadet nur Verkäufen.

Was kann man tun, um die Sichtbarkeit und den Wiedererkennungswert seiner Serie zu erhöhen?

Umschlag, Cover und/ oder Klappentext sollte deutlich machen, dass es sich um einen Band einer Trilogie/Reihe/Mehrteiler handelt.

Dies kann ein direktes Statement im Klappentext sein:(„Dies ist der Auftakt der siebenteiligen Reihe um die Abenteuer des mutigen Kaninchens…“), oder ein deskriptiver Untertitel („Kaninchenmörder – Band 1 der Fusselgesicht-Trilogie“) oder ein Aufdruck mit Nummer am Buchrücken (Band 1).
Bei den Harry Potter Bänden löst der Verlag Carlsen das Problem ganz geschickt im Klappentext: „Das vierte Schuljahr in Hogwarts beginnt für Harry …“ Allerdings kommen diese Hinweise auf das Schuljahr erst ab „Harry Potter und der Feuerkelch“ – also ab Band 4.
Hände hoch, wer von euch kann alle Harry Potter Bände hintereinander aufzählen?
Ohne Mogeln!
Carlsen (und der englische Verlag Bloomsbury) drucken aber zusätzlich im Innenteil auf der ersten Seite alle bereits erschienenen Titel in der Reihenfolge, und in späteren Auflagen dann auch alle Titel der Reihe. Das ist sehr wichtig und hilfreich für  Leser und für Buchhändler.

Was Du als Autor auch tun solltest, ist immer über das Werk als Serie sprechen (egal ob online oder mündlich) und  den Titel stets nur mit dem Zusatz Trilogie/Serie/Mehrteiler nennen: „Die Kaninchenmörder-Trilogie.“

Auch die Produktbeschreibungen in sämtlichen Shops sollten den Seriencharakter betonen und auf die Folgebände verweisen. Amazon betitelt Harry Potter erst ab dem „Feuerkelch“ als Harry Potter, Band 4: Harry Potter und der Feuerkelch“, vorher heißt es nur „Harry Potter und der Gefangene von Askaban“ – ohne Reihennummer. 
Dies ist nicht Schuld von Amazon: Der Verlag übermittelt die Produktbeschreibung und die Metadaten an die Distributoren und diese geben sie weiter an die Online-Shops und Buchhändler. Fehlt etwas oder ist unvollständig, so liegt das an ungenauen Daten des Verlages. Sprecht mit eurem Lektor oder Ansprechpartner im Verlag, wenn diese Informationen über euer Buch ungenau sind oder besser aufbereitet werden könnten. Als Selfpublisher müsst ihr euch natürlich selber darum kümmern und habt selber Zugriff auf die Metadaten, die an die Shops vermittelt werden. 

Als Serienautor sollte Deiner Einer unbedingt eine eigene Webseite haben (als Autor von Einzeltiteln ist dies ebenfalls zu empfehlen. Solange man nur ein bis zwei Bücher draußen hat, kann man aber noch darauf verzichten.) Auf der Homepage des Autors sollten alle Titel der Serie und die richtige Reihenfolge übersichtlich aufgeführt sein. Dies erfordert vom Käufer zwar einen extra Schritt, aber besser, die Leser erhalten direkt über eure Webseite die Informationen, nach denen sie suchen, als über eine fremde Fanpage. Macht es euren Lesern so einfach wie möglich, euch und eure Titel zu finden. Bei über Jahren laufenden, langfristigen Serien könnte man, wie J.A. Konrathvorschlägt, auf seiner Homepage eine PDF-Liste mit Titeln und der dazugehörigen ISBN zum Herunterladen und Ausdrucken für die Leser zur Verfügung zu stellen. Damit kann der Leser in die Läden gehen und gezielt ein Buch beim Händler bestellen.

Cover und Titelgestaltung einer Serie sollten zueinander passen. Denkt zum Beispiel an die „Scheibenwelt“-Romane von Terry Pratchett: Die Cover sind alle vom Illustrator Josh Kirby gestaltet und auf einen Blick unverwechselbar der Scheibenwelt zuzuordnen. Einen Scheibenweltroman erkennt man sofort wieder. Schöne, zusammengehörige Cover können aber nicht nur den Wiedererkennungswert bei den Lesern erhöhen, sondern sogar zum Sammeln anregen:
Ein schönes Beispiel dafür sind aktuell die Bücher der „Everflame-Trilogie“ von Josephine Angelini: Die Cover von „Feuerprobe“ und „Tränenpfad“ ergeben nebeneinander gelegt ein fortlaufendes Bild.
Band 3 wird dies fortsetzen.

Zusammengehörige Cover der "Everflame"-Reihe

Dies hatte der deutsche Verlag zunächst vermasselt, indem er der Übersetzung ein neues Cover gab. Als dann Band 2 erschien, ruderte er zurück und druckte das Original-Cover mit deutschem Zusatztitel. Bei den Fans gab es heftige Reaktionen, denn viele wollten die Reihe zueinander passend kaufen und überschütteten den Verlag mit Anfragen nach Schutzumschlägen mit dem alten Cover. Da kann man mal sehen, wie wichtig Lesern Buchcover sind.
Zusammengehörige Buchrücken beim "Lustigen Taschenbuch"
Kennt ihr noch die Lustigen Taschenbücher? Dort sind die Buchrücken bedruckt, so dass diese aneinander gelegt ein Bild im Buchregal ergeben. Dies erhöht natürlich den Sammlerwert und eine komplette Sammlung kann auf Ebay hohe Preise erzielen. Klappt nicht nur bei Mickey Mäusen, Meiner Einer hat diese Buchreihe von Klett Cotta im Schrank stehen:

Ich erinnere mich, dass ich nur 2 von den Büchern haben wollte, aber die anderen 3 dazu gekauft habe, damit es im Regal besser aussieht (Ich glaube, ich habe eines der Bücher nie gelesen, ähem.)

Aber auch die Buchtitel können den Seriencharakter betonen, indem sie sich ähneln, wie bei der „Tintenherz/ Tintenblut/ Tintentod“-Trilogie oder bei der Krimireihe von Donna Leon: „Venezianische Scharade/Endstation Venedig/ Venezianisches Finale“. In späteren Bänden wird dieses Muster durchbrochen, aber bis dahin hatte die Serie schon genug Bekanntheitsgrad. Der Verlag Diogenes macht übrigens alles richtig: Jeder Band hat einen Untertitel à la: Kommisssar Brunettis fünfundzwanzigster Fall. (Was, bei 25 sind die schon?!)

Im Titel und dem Coverbild bei Donna Leon wird jedesmal das Setting „Venedig“ betont, denn das ist es, dass diese Serie zu etwas besonderem macht und das die Leser an den Büchern lieben.
Außer mit einem Reihentitel kann man daher eine Serie mit einem Schlagwort oder Serien-„Blurb“ versehen, der dem neuen Leser kurz und knackig schildert, was ihm geboten wird:
Eine Detektivserie voller atemberaubender Spannung und knisternder Erotik.“
Oder
„Eine Welt voller Abenteuer und Magie – und nur einer der jungen Zauberer kann die Prüfungen überstehen.“
Oder
„Die neue Serie des Bestsellerautors der Kaninchenmörder-Trilogie verknüpft geschickt politische Intrigen mit einer herzerwärmenden Familiensaga rund um einen sich kilometerweit unter London erstreckenden Kaninchenbau. Unwiderstehlich.“
Jetzt muss man nur noch sicherstellen, dass das Buch auch einhält, was es verspricht.  Und alle folgenden Bände ebenso ;)

Man kann sogar ein eigenes Logo für seine Serie entwerfen. Das ist sinnvoll, wenn der Autor mehrere Serien im gleichen Genre verfasst, z.B. drei verschiedene Detektivserien. Dann könnte durch ein Konterfei des Ermittlers oder durch das Logo seiner Geheimorganisation o.ä. die Zugehörigkeit zur Reihe gekennzeichnet werden
Wer weiß nicht wofür das hier steht:


Oder das hier?
oder
oder
?

Das letzte kennt Deiner Einer nicht?
Das NR steht für Nora Roberts. Nora Roberts Romane wurden so oft wiederaufgelegt, dass Leser sich beschwerten, dass sie die alten nicht von den neuen Titeln unterscheiden konnten, weswegen der Verlag ein eigenes Logo ( ein NR in einem Kreis) für die Autorin erstellte, dass auf all ihren neuen Titeln neben ihrem Namen erscheint. Nicht schlecht, oder?

Stell dir vor, Deiner Einer wird eines Tages mit seinen Büchern so berühmt, dass er ein eigenes Logo bekommt…. Als Selfpublisher kann man das natürlich auch für sich selbst machen: Warum nicht ein Logo für sich selbst oder seine Hauptcharaktere entwerfen und all seine Bücher damit markieren, um eine treue Leserschaft an sich zu binden?

Alles, was deinen Lesern hilft, die Bücher in deiner Serie wiederzuerkennen, fördert auch den Bekanntheitsgrad und etabliert dich und/oder deine Serie als eine Marke.