Freitag, 25. April 2014

Je höher der Vorschuß desto höher die Erwartungen


Business Bunny Teil 3





Du hast also dieses tolle Manuskript geschrieben und es entweder über eine Agentur oder auf eigene Faust Verlagen angeboten.

Und nun will ein Verlag es haben. Der Verlag macht dir ein Angebot, sie wollen dir für deinen Krimi einen Vorschuß von 3000,- € zahlen.
Du freust dich natürlich.
Da meldet sich aber noch ein anderer Verlag, sie wollen deinen Krimi ebenfalls herausbringen und bieten dir sogar 5000,- € Vorschuß.
Du machst vor Freude einen Luftsprung. Du meldest dich beim ersten Verlag und erzählst ihm von dem besseren Angebot. Diese ziehen mit und bieten dir nun anstatt der ursprünglichen 3000,- € sogar 6000,- €.
Das wird ja immer besser, denkst du und meldest dich bei Verlag Nr 2 und berichtest ihnen von dem erhöhten Angebot. Verlag Nr 2 legt noch einen drauf und bietet dir im Gegenzug nun 10.000 €. Bei dieser Summe muss Verlag Nr 1 abdanken; sie können nicht mehr zahlen als die gebotenen 6000,- €.
Du nimmst von Verlag Nr 2 die 10.000 € und reibst dir die Hände.
Du hast deinen Vorschuß mal eben verdreifacht.

Aber ist das gut? 

Vorschüsse sind an Startauflagen gekoppelt. 

Wie in der Rechnung beim letzten Mal gezeigt, müssen mehr Bücher verkauft werden, um einen höheren Vorschuß wieder einzuspielen. Wenn der Verlag also einen besonders hohen Vorschuß bietet, heißt das, er hat hohe Erwartungen an das Buch und glaubt, es in einer hohen Auflage verkaufen zu können. Je mehr er im Vorwege dem Autor gezahlt hat, desto mehr wird er sich ins Zeug legen, diese Kosten wieder einzuspielen, in dem er z.B. mehr Werbung für diesen Titel macht.

Hohe Erwartungen des Verlages bedeuten eine höhere Aufmerksamkeit.
Man erhält mehr Sorgfalt im Lektorat, mehr Platz in den Vorschauen, mehr Budget beim Marketing.
Was aber, wenn das Buch trotz allem sich nicht gut verkauft?
Dann bedeutet das einen umso höheren Verlust für den Verlag.
Bleibt ein Autor hinter den hohen Erwartungen zurück, bedeutet das zwar nicht, dass sie nie wieder ein Werk von ihm veröffentlichen werden. Aber sie werden Probleme haben, ein Werk desselben Autors den Buchhändlern noch einmal schmackhaft zu machen. Bedenke, nicht nur der Verlag muss von deinem Werk überzeugt sein, sondern auch die Buchhändler: Dein Debut sollte ursprünglich mit einer kleineren Auflage starten, doch weil die Vorschüsse hochgepokert wurden, wurde die Startauflage verdoppelt und diese doppelte Menge an Büchern muss nun an die Buchhändler verteilt werden. Diese stellen sich das Werk in die Regale, weil sie auf den Verlag hören und ihm glauben, diese Neuentdeckung sei der Renner. Aber die Leser greifen vielleicht nicht zu, dein Werk blieb in den Regalen liegen und der Buchhändler hat einen Stapel unverkaufter Bücher, den er an den Verlag zurückschickt, der sie wiederum einlagert (oder vernichtet). Für alle Beteiligten entstehen also erhöhte Kosten.
Und Enttäuschungen.
Neben den Wunden für dein Ego ist dabei am allerschlimmsten: die Buchhändler haben das Vertrauen darin verloren, dass sich Bücher von dir gut verkaufen und werden beim nächsten Mal weniger Exemplare in sein Regal stellen wollen (vielleicht nur noch ein einziges und das mit dem Buchrücken zum Kunden) – oder sogar ganz abwinken.

Der Autor durfte zwar seinen hohen Vorschuß von 10.000 € behalten, aber er hat dem Absatz (und der Sichtbarkeit) seiner nächsten Bücher deutlich geschadet.

Wäre er bei einem kleineren Vorschuß und einer kleineren Startauflage geblieben, so hätte er vielleicht die gesamte Auflage verkauft, es wäre nachgedruckt worden und er hätte dem Verlag nicht nur seinen Vorschuß wieder eingespielt, sondern evtl. sogar übertroffen.
Wie bereits erwähnt: Sehr viele Bücher holen ihren Vorschuß nicht wieder ein.
Deswegen sind die Bücher, die es tun, die Helden.

Sie gelten als echte Erfolge und der Verlag wird einem Autor, der die Erwartungen übertroffen hat, beim nächsten Mal bessere Konditionen (mehr Marketingbudget, mehr Prozente, höhere Auflagen) anbieten und auch die Buchhändler werden sich vom Nachfolger mehr Exemplare ins Regal stellen wollen, anstatt weniger, da sie das erste Buch dieses Autors gut verkauft haben und evtl. sogar nachbestellen mussten, anstatt zurückzugeben. 

Startauflagen werden vom Verlag genauestens kalkuliert. 

Rät das Business Bunny also dazu, die Angebote mit kleinerem Vorschuß anzunehmen?
Nein.
Ein zu kleiner Vorschuß ist auch nicht gut.

Bücher mit kleiner Startauflage bedeuten, der Verlag setzt keine großen Hoffnungen in den Titel, das bedeutet, er wird auch keine Werbung veranstalten, keine extra Lektoratsrunde finanzieren, nur wenig Platz in den Verlagsvorschauen für diesen Titel bereit stellen, und sich keine Mühe geben, Buchhändlern den Titel schmackhaft zu machen …
Eine zu kleine Auflage bedeutet, der Verlag glaubt nicht an dich.
Es bedeutet, du bist nur ein kleiner Titel von vielen und entweder schwimmst du von alleine oder du gehst sang und klanglos im Meer der vielen Neuerscheinungen unter.

Neben dem gebotenen Vorschuß sollte ein Autor bei der Verlagswahl also eine Reihe anderer Faktoren berücksichtigen: Wie wohl fühlt er sich bei dem Verlag, wie wird er behandelt, wie gut passt sein Titel in das Programm, wie viele ähnliche Konkurrenztitel wird es gleichzeitig geben, wie schätzt er die Zusammenarbeit mit den Lektoren ein, wie gut ist die Qualität der Bücher, wie namhaft der Verlag ect.
Geld ist eben nicht immer alles.

So du denn einmal in der beneidenswerten Lage sein wirst, mit mehreren Verlagen über dein Werk verhandeln zu können, so solltest du zwar gute Konditionen für dich herausschlagen – aber nicht unbedingt den Vorschuß in die Höhe treiben.
Ratsamer wären ein kleiner Vorschuß und kleinere Startauflage, aber dafür höhere Tantiemen,  ein höheres Werbebudget, ein prominenter Platz in den Vorschauen, eine Platzierung als Spitzentitel, vom Verlag organisierte Lesungen ect.

Das alles ist verhandelbar.
Und zahlt sich am Ende evtl. mehr aus, als ein einmaliges Garantiehonorar.

Weiter geht es hier: Geldregen in Raten.

Das Ebook zum Thema: "Verlagsverträge für Autoren - verstehen und verhandeln" vom Literaturkaninchen.

Sonntag, 6. April 2014

Den Vorschuß darfst du behalten


Business Bunny Teil 2


So, du hast also ein feines Buch geschrieben und ein Verlag will ihn veröffentlichen. 
Dann zahlt der Verlag dir einen Vorschuß. Und den Vorschuß darfst du in jedem Fall behalten. Selbst wenn sich das Buch schlecht verkauft und das Geld niemals wieder einspielt.
Der Vorschuß ist also ein vom Verlag gezahltes Garantiehonorar; der Verlag geht somit das Risiko ein, einen Verlust mit deinem Buch zu machen.
Im Gegenzug erhält der Autor aber erst Tantiemen, wenn der Vorschuß eingefahren wurde. Das bedeutet, dass er so lange kein Geld erhält, bis das Buch sich oft genug verkauft hat, und wenn das Buch sich nicht genug verkauft, sieht der Autor nie wieder weitere Kohle.
Nehmen wir das Beispiel vom letzten Mal:
Ein Autor erhält einen Vertrag für seinen Krimi, der für 10,- Euro als Taschenbuch im Laden herauskommen soll, mit 6% Tantiemen, also 56 Cent pro verkauftem Exemplar.
Der Verlag zahlt dem Autor einen Vorschuß von 3000,- Euro.
Der Autor kassiert das Geld, aber es müssen erst 5357 Exemplare verkauft worden sein, bevor er auch nur einen weiteren Cent erhält. Geht das 5358zigste Exemplar über den Ladentisch, so erhält der Autor weitere 56 Cent.
Natürlich nicht sofort. Die Tantiemen für weitere verkaufte Exemplare erhält er erst nach einem vorher festgelegten Abrechnungszeitraum von einem oder einem halben Jahr.


Der Vorschuß ist selten mehr als die Hälfte oder Zweidrittel von dem, was der Verleger glaubt, verkaufen zu können. Das bedeutet, wenn er einen Vorschuß von 3000,- Euro bietet, und glaubt 5000 Exemplare verkaufen zu können, dann geht er davon aus, dass eigentlich 10.000 bis 15.000 Exemplare von dem Buch verkauft werden können. Doch dem Autor sofort 6000,- / 9000,- Euro in die Hand zu drücken, ist ein zu hohes Risiko. Er zahlt erst einmal 3000,- und wartet ab, wie es läuft.
Der Autor dagegen hat diese 3000,- Euro garantiert in der Tasche. Sollte das Buch hinter alle Erwartungen zurückfallen und sich nur 2000 Exemplare verkaufen, so kann er den Vorschuß dennoch behalten.
Den Verlust trägt der Verlag.


Verlage gehen also ein Risiko ein, besonders wenn sie unbekannte Neuautoren unter Vertrag nehmen.
Sehr viele Bücher spielen ihren Vorschuß nicht wieder ein.
Dieser Verlust muss von anderen Büchern des Verlages ausgeglichen werden. Ein Bestsellerautor finanziert also gefloppte Neuautoren mit.
Um das Risiko gering zu halten, sind die Vorschüsse in den letzten Jahren immer kleiner geworden.
Ein Kleinverlag kann in den meisten Fällen gar nicht erst einen Vorschuß zahlen.

Für einen Autor ist es aber natürlich attraktiv, ein garantiertes Honorar zu erhalten, und in den Verhandlungen vor Vertragsabschluß könnte er dazu neigen, (mit Hilfe eines Agenten) einen möglichst hohen Vorschuß herauszuschlagen. Z. B. weil sein Buch so super ist, dass zwei oder mehr Verlage sich für das Buch interessieren und nun Angebote machen. Bei manchen Büchern kann es zu einer regelrechten Auktion kommen, bei der die Verlage sich gegenseitig mit den Vorschüssen überbieten.
Das klingt zwar toll (und ist gut fürs Ego) ist für den Autor aber nicht immer unbedingt das Beste, was ihm passieren kann.

Warum das so ist, warum es gefährlich sein kann, einen Vorschuß hochzupokern, und warum kleinere Vorschüsse mitunter besser sind, das erfahrt ihr beim nächsten Mal, wenn es heißt: 
Je höher der Vorschuß desto höher die Erwartungen

Das Ebook zum Thema: "Verlagsverträge für Autoren - verhandeln und verstehen".