Dienstag, 29. Juli 2014

Verwertungsrechte verstehen lernen


Business Bunny Teil 8



Als Autor ist es ganz besonders wichtig, dass man Verwertungsrechte verstehen lernt, denn schließlich sind die Rechte an einem Werk das, womit ein Autor sein Geld verdient
Der Schriftsteller „verkauft“ nämlich nicht ein Buch oder ein Werk oder eine Geschichte, er vergibt die Verwertungsrechte, d.h. er erteilt die Erlaubnis, sein Manuskript abzudrucken in Form eines Taschenbuches, Hardcovers oder Ebooks. Er vergibt eine Lizenz. 
Dabei bleibt der Autor stets der Urheber seines Werkes, sein Name steht auf dem Cover (es sei denn es wird etwas anderes vereinbart), das Urheberrecht also verbleibt stets beim Autor.
In diesem Post geht es nicht um Urheberrechte, sondern Verwertungsrechte.
Und wer nicht gewusst hat, dass da ein Unterschied besteht, der sollte weiterlesen.
Der amerikanische Autor Dean Wesley Smith vergleicht Verwertungsrechte mit einer „Magic Bakery“. In seiner Vorstellung ist das Werk eines Autors ein Kuchen, von dem nach Belieben Teile herausgeschnittenen und verkauft (lizensiert) werden können; und diese Teile wachsen sogar wieder nach und können erneut vergeben werden. Magic !
(D.W. Smiths Erklärung der„Magic Bakery“ findet ihr hier.)
So kann ein Autor z.B. einem Verlag das Verwertungsrecht an seinem Krimi als Taschenbuchausgabe für die Dauer von 5 Jahren gewähren. Nach Ablauf dieser Frist geht das Taschenbuchrecht an den Autor zurück und er kann es anderen Verlagen anbieten, oder der Verlag kann sich für eine Neuauflage entscheiden, bei der dann aber die Konditionen neu verhandelt werden müssen. Gleichzeitig kann der Autor die Hardcover-Rechte einem zweiten Verlag geben und die Ebook-Rechte einem Dritten.
Natürlich werden Verlage immer versuchen, sich möglichst alle Rechte auf einmal zu sichern, selbst wenn sie sie nicht ausüben. Es gibt aber keinen Grund, warum ein Autor sich darauf einlassen sollte. Vor allem die Ebook-Rechte sind heiß umkämpft, in Zeiten, in denen Amazon den Autoren bis zu 70% Tantiemen bietet, ist die Abgabe der Rechte an einen Verlag, der vielleicht nur 25% bietet, ein unattraktiver Deal. Die Verlage werden aber mit allen Mitteln versuchen, sich die Rechte zu sichern, aus Angst, dass eine parallele elektronische Ausgabe die Ausgabe in Taschenbuch- oder Hardcoverform „kannibalisieren“ könnte. Dennoch sollte sich der Autor nicht darauf einlassen, seine Ebook-Rechte abzutreten, vor allem nicht „für die Dauer des gesetzlichen Urheberrechts“, sondern auf die Pflicht des Verlages zur Ausführung der Ebook-Rechte pochen, wenn diese sie sich sichern wollen (sprich: darauf bestehen, dass der Verlag auch ein Ebook herausbringt) oder andernfalls eine entsprechende Kompensation zu erhalten.
Der Autor darf nämlich sein Werk selber als Ebook herausbringen, wenn er die Rechte nicht abgetreten hat (Ja, bei gleichzeitigem Erscheinen der Printausgaben in einem Verlag!) – und wenn der Vertrag nicht eine „Non compete“- Klausel enthält.

Verwertungsrechte bestehen aber nicht nur aus den Hauptrechten (der Vervielfältigung und Verbreitung des Werkes in Printausgaben und digitalen Ausgaben), sondern auch aus den sog. Nebenrechten (z.B. Vertonung, Verfilmung, Hörspielbearbeitung, sowie fremdsprachige Ausgaben usw.).
Üblicherweise versuchen sich Verlage auch die Nebenrechte komplett zu sichern, selbst wenn sie diese nie ausführen. Als Autor sollte man seine Nebenrechte behalten, und entweder versuchen, selber auszuüben oder eine Agentur damit beauftragen, diese für einen zu vermitteln. Denn nur, weil dein Verlag die Rechte an einer Hörbuchausgabe deines Werkes besitzt, heißt das noch lange nicht, dass er eine Hörbuch-Version herausbringen wird (dazu fehlt ihm in den meißten Fällen das Know How und die Technik) oder sich um die Vermittlung an einen Hörbuchproduzenten bemühen wird. Natürlich gibt es große Verlagshäuser, die gute Kontakte zu Hörbuchproduzenten haben und die sich bemühen, dein Werk diesen anzubieten. Wenn du bei einem solchen Verlag bist, bist du in guten Händen. In vielen Fällen aber tut der Verlag gar nichts für die Vermittlung, sondern wartet, bis ein Produzent an sie herantritt. Warum sollte also dein Verlag (oder dein Agent) daran verdienen, dass dein Buch als Hörbuch-Fassung herauskommt, wenn er keinen Finger dafür gekrümmt hat, diese zu vermitteln? Hat Deiner Einer nämlich klugerweise die Hörbuchrechte behalten, so wird sich der interessierte Produzent von Hörbüchern bei dir direkt melden, anstatt bei deinem Verlag, und die Rechte an der Hörbuchfassung von dir direkt erwerben (die Lizenz für einen bestimmten Zeitraum.) Wenn du nicht auf dieses Glück warten willst, kannst du dein Werk auch selber und direkt einer Hörbuchfirma anbieten, das kostet dich eine freundliche Email.


So kann ein Autor an seinem Werk verdienen, nicht nur an der einmaligen Vergabe aller seiner Rechte für einen Vorschuß von 5000 € und mickrigen Tantiemen, sondern wieder und wieder durch die einzelne Vergabe der Rechte. Durch Verkauf (Lizenz) der Verwertungsrechte z.B. an einer Übersetzung ins Englische, wobei der Vertrag mit dem englischsprachigen Verlag begrenzt ist auf eine reine Taschenbuchausgabe, so hat Deiner Einer noch immer die englischsprachigen Rechte an einer Hörbuchausgabe, noch immer die Rechte an einer Verfilmung in Englisch und Deutsch, die Rechte am englischen und deutschsprachigen Ebook, die Hardcover-Rechte, an Sonderausgaben, der Bearbeitung als Bühnenstück usw.


Dean Wesley Smith berichtet, dass er mit einer seiner Kurzgeschichten über 10.000 $ eingenommen hat, indem er sie an mehrere Anthologien und Magazine „verkauft“ hat (lizensiert), sowie selber sowohl digital als auch als Print auf Amazon und anderen Plattformen anbietet, eine Option auf Verfilmung „verkauft“ hat, die Audiorechte und die Rechte für ein Computerspiel vergeben hat und das alles, indem er diese Geschichte noch immer in seiner „Magic Bakery“ zum Verkauf anbieten kann.

Ok, Respekt, Mr Smith. 10.000 $ mit einer Kurzgeschichte zu verdienen, das muss man erst einmal hinbekommen. Natürlich hat nicht jeder das Glück, das Hollywood oder Sony Entertainment bei einem Anklopfen um aus seiner Kurzgeschichte einen Film und ein Computerspiel machen wollen. Es geht hier aber darum, dass es möglich ist.
Und somit auch darum, dass es möglich ist, mit dem Schreiben Geld zu verdienen; wenn man geschickt mit seinen Verwertungsrechten umgeht.
Dean Wesley Smith ist ein Vielschreiber, er hat hunderte von Geschichten, Romanen und Arbeiten als Ghostwriter draußen. Er schreibt täglich und sagt auch ganz deutlich, dass man von 1-2 veröffentlichten Romanen und einer Kurzgeschichte nicht leben kann.
Aber wenn man viele Werke anzubieten hat, dann müssen die einzelnen gar nicht einmal viel Geld einbringen, wenige Dollar im Monat genügen, damit sich ein steter Fluss an Einnahmen bildet, der den Autor über Wasser (und am Schreiben) hält.
Es hilft, seine Verwertungsrechte nicht pauschal und einmalig abzugeben, sondern so viel von diesen wie möglich zu behalten, seine Verträge zu verhandeln, und selbst aktiv zu werden um neue Vertriebswege ausfindig zu machen.
J.K. Rowling z.B. hat die Ebook-Rechte an ihren Harry Potter Büchern behalten, es gibt diese ausschließlich über ihre eigene Plattform Pottermore.com zu kaufen, genauso wie die digitalen Hörbuchrechte. Miss Rowling war so klug, diese Rechte zu behalten, um sie selbst auszuüben - und Deiner Einer kann das auch. 

 Denn nun weiß Deiner Einer ja Bescheid, und wird sich in Zukunft die Vergabe seiner Verwertungsrechte genauer überlegen.
Das alles gibt es auch noch einmal als Zusammenfassung in meinem Ebook:

Samstag, 5. Juli 2014

Rechterückruf und Neuauflagen vergriffener Titel


Business Bunny Teil 7




Das Literaturkaninchen hatte dieser Tage mit einem Computercrash zu kämpfen. Die größte Furcht, wenn ein treues Gerät auf einmal nicht mehr funktioniert, ist, ob die Daten verloren sind oder ob man diese in irgendeiner Form noch heben kann. Sie liegen auf einer Festplatte, sind also irgendwie noch da, aber es ist, als würde einem jemand das Recht auf ihre Benutzung verweigern. 
Deiner Einer merkt es schon, ich versuche hier eine Überleitung zu unserem Thema zu konstruieren:
Was tun, wenn ein Buch vergriffen ist (Ausverkauft, Verramscht oder Makuliert) also im Handel als „nicht mehr lieferbar“ gilt und man das „ausschließliche Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung“ an den Verlag übertragen hat, und zwar „für die Dauer des gesetzlichen Urheberrechts“ (also bis 70 Jahre nach seinem Tode)?

Wie bereits erwähnt enden die meißten Verlagsverträge nicht automatisch mit der Verramschung oder Makulierung , es sei denn dies ist ausdrücklich im Vertrag so festgehalten. Das Buch ist nicht mehr lieferbar und die Restauflage wurde vernichtet, es werden keine weiteren Exemplare nachgedruckt, selbst wenn es Anfragen von Lesern gibt, die das Buch gerne noch kaufen würden. Diesen bleibt nichts anderes übrig, als sich second hand Exemplare bei Marketplace Anbietern, Flohmärkten oder Antiquariaten zu besorgen. Du als Autor würdest aber sehr gerne deinen Lesern noch Exemplare liefern und weiterhin mit deinem Werk Geld verdienen, auch die nächsten 5 oder 10 oder 20 Jahre. Was, wenn ein neuer Roman von dir deine Leser neugierig auf dein älteres Werk macht und du Anfragen von Fans bekommst, die auf der Jagd nach diesem Buch sind? Dein Verlag erachtet dein Werk bereits nach 18 Monaten  als nicht mehr wirtschaftlich, aber du würdest gerne noch ein paar Euro daran verdienen, oder? (Und seien es nur hundert verkaufte Exemplare im Jahr.)

Warum also nicht dein Werk weiterhin vorrätig halten, z.B. als Ebook oder Print-on-demand Edition. 
Oder du möchtest deinen Titel erneut über einen Kleinverlag herausbringen, der Interesse an deinem Titel bekundet hat, weil er  in ihr Programm passt? 

Darum solltest du, wenn dein Werk nicht mehr lieferbar ist, deinen Verlag dazu auffordern, seiner „Pflicht zur Vervielfältigung und Verbreitung des Werkes“ nachzukommen. Dies ist nämlich sein Teil des Vertrages. Diese Aufforderung sollte eine angemessene Frist enthalten, laut Gericht etwa von einem halben Jahr. Kommt der Verlag dieser Aufforderung innerhalb dieses Zeitraumes nicht nach, und macht keine Anstalten für eine Neuauflage (z.B. vom Hardcover zur Taschenbuchversion oder vom Taschenbuch zum Ebook), so kann der Autor das Nutzungsrecht nach § 41 des Urheberrechtsgesetzes ohne Weiteres zurückrufen, indem er schriftlich einen Rechterückruf einreicht. (Per Einschreiben.)


Eine Mustervorlage für so einen Rechterückruf findet ihr bei der Ver.di. http://vs.verdi.de/recht-urheber/mustervertraege 

Der Rückruf wird - wie eine Kündigung - mit Zugang wirksam. Der Verlag braucht nichts zu bestätigen und mit nichts einverstanden zu sein. Das Nutzungsrecht des Verlages erlischt dann und geht zurück an den Autor. Nun darf der Autor das Nutzungsrecht erneut vergeben (an einen anderen Verlag) oder es selber ausüben (z.B. im Selbstverlag als Ebook oder Print-on-demand Ausgabe).

Selbst bei geringer Nachfrage können so im Laufe der Zeit noch kleinere Beträge mit dem Werk erwirtschaftet werden, die der Autor im anderen Fall nicht bekäme.  
Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen.
Und warum die Daten auf seiner Festplatte aufgeben, nur weil ein Gerät einem den Zugang verweigert?
Finde ich halt ein anderes Gerät, das bereit ist, mit mir zu arbeiten.
Steckt schließlich viel Arbeit drin, das gibt man nicht einfach so auf… 

(Ok, ok, der Vergleich hinkt. Aber Hauptsache, Deiner Einer macht das Beste aus seinen Verwertungsrechten und lässt sie nicht eines Tages brach liegen. Sonst verhungert uns noch das Eichhörnchen.)
Mehr zu dem Thema Rechterückruf und Vergabe von Verwertungsrechten in meinem Ebook: