Dienstag, 30. September 2014

Verlagsverträge: Was ist zu beachten?


Business Bunny Teil 11

Kommen wir nun zu dem, was so etwas wie das Herzstück meiner Business-Bunny-Artikel-Reihe ist: zu der Frage, worauf man beim Abschluss von Verlagsverträgen achten sollte.
Es hat ein bisschen länger gedauert als erwartet, bis ich dieses Thema anschneiden konnte, denn ich hatte festgestellt, dass zunächst einmal ein paar Grundlagen erklärt werden mussten, bevor ich mich den Verträgen selbst widme.
Wer sie noch nicht gelesen hat, den möchte ich deswegen an dieser Stelle bitten, zuerst die vorherigen Artikel aus der Business Bunny Reihe zu lesen, dort werden die Grundlagen zu Urheberrecht und Autorenvergütung erklärt. 

Worauf sollte man als Autor bei dem Abschluss eines Vertrages mit einem Verlag achten? 
Leider hat sich bei meinen Recherchen zu dem Thema die Antwort herausgestellt: Auf jedes Wort!
Denn es ist so, dass es keine einheitlichen Regeln oder gar Gesetze gibt, wie ein Vertrag zwischen Verlag und Autor auszusehen hat. Jeder Verlag gibt eigene Verträge heraus und der Autor muss jedes Mal wieder neu Inhalt und Wortlaut überprüfen.
Um Abhilfe zu schaffen, hat der Verband deutscher Schriftsteller (VS) zusammen mit dem Börsenverein des deutschen Buchhandels einen Mustervertrag ausgehandelt, den sogenannten Normvertrag für den Abschluss von Verlagsverträgen. Diesen Normvertrag wollen wir uns nun einmal gemeinsam ansehen und Meiner Einer versucht zu erklären, was die Paragrafen im einzelnen bedeuten und worauf zu achten ist.
Dabei ist es zunächst einmal wichtig zu verstehen, dass der Normvertrag nur für die Mitglieder des VS gilt. Die Verlage haben sich verpflichtet, „darauf hinzuwirken, dass die Verträge nicht ohne sachlich gerechtfertigten Grund zu Lasten des Autors vom Normvertrag abweichen.“ Wer also nicht Mitglied im Verband VS ist, hat keinen Anspruch auf den Normvertrag. Aber natürlich können sowohl VS- Autoren als auch solche, die es nicht sind, bessere Konditionen verhandeln. Und besser geht immer.
Und desweiteren gilt es, zu verstehen, dass es sich bei dem Normvertrag um eine Vertragsvorlage handelt, also um ein Muster, das ergänzt, verändert und ausgefüllt werden muss. Er enthält Lücken. Würde man ihn so wie er ist, herausgeben und unterschreiben, so hätte man einen ungültigen Vertrag.
Leider gibt es immer wieder Klein- und Kleinstverlage, die den Normvertrag wortwörtlich übernehmen, in dem guten Glauben, sie täten den Autoren etwas Gutes. Das ist so nicht der Fall und auch ein Kleinstverlag sollte sich mit Verträgen und Urheberrecht genügend auseinander setzen – auch wenn Verträge in schwierigem Juristendeutsch verfasst sind und schwer zu verstehen und langweilig zu lesen. Soooo schwer wiederum ist es dann doch wieder auch nicht… Deiner Einer wird das gleich merken.
Wer Verleger sein will, sollte sich auch mit Verträgen auskennen.

Los geht`s:
(Ich konzentriere mich für unsere Zwecke hier ausschließlich auf belletristische Werke, also Romane, da Sachbücher noch ein paar mehr Zusatzklauseln enthalten müssen, wenn sie Bilder, Fotos, Grafiken, Statistiken etc. enthalten und auch sonst ein paar Besonderheiten enthalten.)

Der Normvertrag für den Abschluss von Verlagsverträgen und worauf zu achten ist 
§ 1 Vertragsgegenstand

1. Gegenstand dieses Vertrages ist das vorliegende/ noch zu verfassende Werk oder die Werke des Autors unter dem Titel/Arbeitstitel: ___________

Bedeutet: Ich denke mal, die Bedeutung ist klar.
Worauf ist zu achten?

-        soll ein Vertrag für nur ein Werk oder für mehrere Werke abgeschlossen werden? Wenn der Autor sich auf einen Mehrbuchvertrag einlässt, so sollten - genauso bei noch zu verfassenden Werken - Umfang, Spezifikation des Themas, Inhalts oder Charakters (Genre) an dieser Stelle festgehalten werden, damit es später nicht zu Streit kommt (auch im Falle eines Lektorenwechsels, Wechsel des Programmleiters, Verkauf des Verlages etc.); der Arbeitstitel allein beschreibt ein Werk noch nicht umfassend genug.

2. Der endgültige Titel wird in Abstimmung zwischen Autor und Verlag festgelegt, wobei der Autor dem Stichentscheid des Verlages zu widersprechen ist, soweit sein Persönlichkeitsrecht verletzt würde.

Bedeutet: Der Verlag bestimmt den Titel.
Worauf ist zu achten?

- Diese Klausel gibt es auch freundlicher formuliert, wobei dem Autor ein unbedingtes Mitspracherecht beim Titel eingeräumt wird. 

§ 2 Rechtseinräumungen

Der Autor räumt dem Verlag an dem Werk räumlich unbeschränkt für die Dauer des gesetzlichen Urheberrechts die nachfolgenden ausschließlichen inhaltlich unbeschränkten Nutzungsrechte in allen bekannten und unbekannten Nutzungsarten für alle Ausgaben und Auflagen ohne Stückzahlbegrenzung – insgesamt oder einzeln – in allen Sprachen ein:

Bedeutet: Dies ist (zusammen mit der Vergütungsregelung in § 4) der Kern des Vertrages, denn hier geht es darum, welche Rechte der Autor dem Verlag einräumt. Rechte werden in Haupt- und Nebenrechte unterteilt, wobei es möglich ist, diese einzeln und an verschiedene Verlage/ Produzenten abzugeben. Wer das bisher noch nicht wusste, dem empfehle ich zunächst einmal Business Bunny Teil 8 zu lesen, denn das Wissen, dass ein Autor nicht seine Geschichte „verkauft“ sondern die Rechte daran „lizensiert“ ist sehr wichtig für das Verständnis von allem, was folgt.
Worauf ist zu achten?

Hier zeigt schon gleich zu Beginn der Normvertrag seine bisweilen nicht sehr autorenfreundliche Seite, denn hier gibt es gleich drei unschöne Formulierungen:

-        für die Dauer des gesetzlichen Urheberrechts bedeutet bis 70 Jahre nach dem Tod des Autors (siehe Business Bunny Teil 7 ). Hier sollte unbedingt eine zeitliche Begrenzung (von vielleicht 5 – 8 Jahren) vereinbart werden (je nach Ausgabeform, ob Taschenbuch, Hardcover, Ebook ...)

-        in allen bekannten und unbekannten Nutzungsarten ist eine fiese kleine Formulierung, denn sie bedeutet nichts anderes, dass wenn morgen etwas wie ein 3D-Ebook oder ein anfassbarer Hologramm –Film erfunden wird, so hat der Verlag bereits die Rechte an dieser Verwertungsform inne. Es ist nicht einzusehen, warum ein Autor das Recht auf zukünftige bis jetzt noch nicht erfundene Verwertungsformen abgeben sollte. Erst recht nicht, bis über seinen Tod hinaus… Wer weiß, welcher Verlag in 100 Jahren die besten Duft-Hologramm-Ebook-Filme produzieren wird? Warner Brothers? Formulierung streichen!

-        In allen Sprachen sollte meiner Meinung nach auf die deutsche Sprache beschränkt werden. Warum pauschal die Übersetzungsrechte ins englische, spanische und koreanische abtreten, wenn der Verlag nicht einmal Kontakte in dieser Richtung vorzuweisen hat und außerdem keinerlei Erfolge mit Auslandslizenzen? Anderssprachige Ausgaben unbedingt einzeln verhandeln, vor allem die Rechte an Welt-Englisch, einem Bereich, in dem es immerhin um weltweite Verkäufe geht, nicht bloß um den kleinen deutschsprachigen Markt. Unter Umständen fährt der Autor besser, eine Übersetzung ins englische selber zu finanzieren und das Werk als Ebook herauszugeben, als auf einen Lizenzverkauf durch den Verlag zu warten. (Selbstverständlich ist hier der Einzelfall zu betrachten, sprich bei was für einem Verlag der Vertrag unterschrieben werden soll, und um was für ein Werk es sich handelt! Wie überhaupt alle Hinweise hier im Lichte des Einzelfalls betrachtet werden müssen ! Und: Ja, mir ist bewußt, dass viele Verlage sich nicht darauf einlassen werden, diese Standard-Formulierung zu ändern. Genau das ist der Grund, warum immer mehr Autoren Selfpublisher werden.) Wenn die Rechte an allen Sprachen abgetreten werden sollen, dann sollte der Verlag a) verpflichtet sein diese auch auszuüben, und b) wenn er diese nicht ausübt, die Rechte nach einem festgelegten Zeitraum an den Autor zurückgehen.

Das wars für heute erstmal, nächste Woche machen wir weiter im Normvertrag.
Fragen?
Bei allem, was Meiner Einer hier schreibt, gibt es zu bedenken: Ich bin kein Experte. Nur ein Kaninchen. Ich übernehme keine Verantwortung für eventuelle Entscheidungen, die Deiner Einer trifft, weil er hier etwas in meinem Blog gelesen hat. Dies ist keine juristische Beratung, kein Karriereratgeber und kein Verhandlungsregelwerk. Nur ein wenig Hilfe zur Selbsthilfe.
Deiner Einer (und Meiner Einer) sollte verstehen, was sie da unterschreiben, wenn sie ihren Blockbuster-Zombie-Liebes-Action-Krimi einem Verlag anbieten.
Ist schließlich super, unser Werk.
Lassen wir uns nicht die Butter vom Brot nehmen.