"Know your Theme" |
Nun solltest du dir Gedanken machen, wie deine Geschichte
endet. Du solltest dir Gedanken machen über den Wendepunkt II.
Wenn du dem Beat Sheet von Blake Snyder gefolgt bist, dann
befindet sich deine Figur jetzt an ihrem tiefsten Punkt („Dark Night of the
soul“). Sie ist besiegt oder geschlagen worden, hat alles verloren und sieht
keinen Ausweg mehr aus ihrer Situation, es scheint keine Lösung in Sicht.
Wie um Himmels Willen soll man denn nu der Figur wieder auf
die Beine helfen? Wie soll Autor sie jetzt dazu bringen, sich aufzuraffen und
in den Dritten Akt zu marschieren, um sich der Gefahr (dem Antagonisten oder
der antagonistischen Kraft) zu stellen?
Die Antwort liegt in der B-Story.
Die B-Story ist eine Nebenhandlung, die kurz nach dem
Wendepunkt I eingeführt wird. Hier begegnet der Protagonist einer neuen Figur
(manchmal auch mehreren), die einen eigenen Konflikt in sich trägt. Häufig ist
die B-Story die Liebesgeschichte, es kann aber auch ein Buddy, ein Mentor, ein
Verdächtiger, ein scheinbarer Gegner oder einfach nur eine Figur aus dem Umfeld
sein.
Diese Figur wurde im II. Akt eingeführt und kommt nun dem
Protagonisten in seiner schwersten Stunde zu Hilfe. Das muss nicht heißen, dass
sie tatsächlich anwesend ist, es kann auch sein, dass etwas, das sie gesagt
oder getan hat, dem Prota nun zu einer Einsicht verhilft. Diese Einsicht oder
Erkenntnis ist es, aus der er neuen Mut schöpft. ( Dies ist häufig so bei
Liebesgeschichten.)
Der Einfluß der B-Figur kann aber noch viel stärker sein,
als bloße Worte, sie kann sogar den Plan zum Erreichen des Ziels aufbringen.
Dies erschien mir zunächst widersprüchlich, soll doch ein
Protagonist aktiv sein und sich bewusst und mit all seiner Kraft in den III.
Akt aufmachen.
Also habe ich mal bei meinem Pumphosentragenden Meister
nachgesehen, und siehe da:
In Shakespeares „Romeo & Julia“ hat keiner der beiden
Protagonisten die entscheidende „rettende“ Idee.
Sie kommt von einer Nebenfigur, Pater Lorenzo. Er ist es,
der Julia vorschlägt, ihren eigenen Tod vorzutäuschen.
Und dieser Plan führt bekanntermaßen zu dem tragischen Ende,
dem Tod beider Protagonisten.
Das ist auch ein gutes Beispiel, weswegen ich meine, dass
der Wendepunkt II das Herzstück einer Geschichte ist: Julia schluckt Gift, um ihren eigenen Tod vorzutäuschen, damit sie mit Romeo zusammen sein
kann. Doch Romeo erfährt nichts von dem Plan und nimmt sich das Leben.
Dies ist die Kernidee von Romeo & Julia (zusammen mit
dem „Ende“: Auch Julia nimmt sich das Leben.)
Die Ausgangsidee (Zwei Kinder verfeindeter Familien
verlieben sich ineinander) ist dagegen eher schwach und untergeordnet. Nur im
Zusammenspiel mit einem starken Wendepunkt II entfaltet die Geschichte ihre
enorme Kraft, die sie auch noch Jahrhunderte später zu einer der bekanntesten
Liebesgeschichte aller Zeiten werden lässt.
Dabei ist der Wendepunkt II unmittelbar mit dem Ende
verbunden.
Und somit mit dem Thema.
Juliet
“Tell me
not, Friar, that thou hearest of this,
Unless thou
tell me how I may prevent it.If in thy wisdom thou can`st give no help,
Do thou but call my resolution wise,
And with this knife I`ll help it presently.”
Friar
Lawrence
“Hold,
daughter; I do spy a kind of hope,
Which
craves as desperate an executionAs that is desperate which we would prevent.
If, rather than to marry Count Paris,
Thou hast the strength of will to slay thyself,
Then it is likely thou wilt undertake
A thing like death to chide away this shame,
That cop`st with death himself to scape from it;
And, if thou darest, I`ll give thee remedy.”
Es ist also Julias Androhung von Selbstmord, die dem Pater Lorenzo die
Idee für seinen verwegenen Plan gibt. (If Thou hast the strength of will to slay thyself, then it is likely
thou wilt undertake a thing like death to chide away this shame).
Und hier kommt eine weitere wichtige Anweisung: Die B-Figur
trägt das Thema offen aus. Sie ist die Figur, die als einzige das Thema direkt
aussprechen (und den Protagonisten damit konfrontieren darf.) Und hier kommt
ein Trick: Wenn du keine Ahnung hast, wie dein Wendepunkt II aussehen soll,
dann lasse deine Nebenfigur den Protagonisten, der sich gerade an seinem
tiefsten Punkt in Selbstmitleid wälzt, direkt auf das Thema ansprechen. Die
Reaktion und Antwort deines Protagonisten darauf, wird dir zeigen, wie du den
Dritten Akt löst. Wenn dir das zu plump und zu direkt ist, kannst du es später
wieder löschen, oder den Dialog subtiler gestalten. Für den Moment scheue dich
aber nicht, das Thema ungeschminkt auf den Tisch zu bringen.
An dieser Stelle stellen die meißten Autoren fest, dass sie
gar nicht wissen, was ihr Thema ist.
Das ist erst einmal nicht schlimm.
Es braucht schon eine Weile, um darüber nachzugrübeln.
Oft lässt sich das Thema auch nicht in einem Satz oder auf
einen einzigen Aspekt reduzieren.
Je sicherer du dir aber dessen bist, je genauer du dein
Thema benennen kannst, umso besser.
Denn wenn du es erst einmal hast, wirst du feststellen, dass
du zurückgehen und viele Szenen neu umschreiben willst. Vor allem die
Nebenfigur gewinnt nun an neuer Kraft, denn sie sollte nicht nur das Thema laut
ansprechen dürfen, sie sollte eine eigene Motivation, einen eigenen Konflikt
und Kampf (und somit eine eigene Sichtweise auf die Dinge) haben.
Sie spiegelt den Protagonisten und den Konflikt von einer
anderen Seite wider.
Wenn du dich an diese Ratschläge hälst und deinen Entwurf
danach anpasst, wirst du sehen, dass du deine Schreibe auf ein ganz neues Level
hievst.
Aber so was von.
Aber so was von.
Hier noch ein paar Fragen, die du dir stellen kannst, um
dein Thema einzukreisen:
Warum schreibst du diese Geschichte?
Was magst du an dieser Geschichte?Was möchtest du deinen Lesern mitgeben?
Wie sind deine Hauptfigur und dein Thema miteinander verbunden?
Was ist die persönliche Botschaft, die deine Geschichte tragen soll?
Was ist der Titel deiner Geschichte? Überraschenderweise kann man das Thema oft in Arbeitstiteln finden.
Und wenn es dir immer noch schwer fällt, mit einer knackigen
Idee für den Wendepunkt II zu kommen, dann spiele auch hier (genau wie am
Anfang) das Spiel: „Was wäre wenn?“
Was wäre, wenn du einen anderen Charakter an dieser Stelle
auftreten lässt?
Was ist das genaue Gegenteil, das hier passieren könnte?Was ist das dramatischste, das passieren könnte?
Wie willst du, dass deine Leser reagieren oder was sollen sie an dieser Stelle fühlen?
Mache dir Notizen zu mehreren Möglichkeiten.
Nimm nicht die allererste Idee, aber verwerfe sie auch nicht
sofort.
Gib dir mit dem Wendepunkt II sehr viel Mühe; die größte
Mühe!
Lass dir also Zeit.
Und höre auf dein Unterbewusstsein, versuche nicht, mit
purer Logik alles zu lösen.
Hier geht es weiter zum Finale.
Hier geht es weiter zum Finale.
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