Donnerstag, 29. Mai 2014

Verramschung passiert jedem




Business Bunny Teil 5
Was passiert mit meinem Buch, wenn es nicht auf den Bestsellerlisten landet?
Ja, wenn es vielleicht sogar überhaupt so keiner kaufen will? (Weil gerade Hundertjährige, die aus dem Fenster steigen in sind…)



Ein Buch das sich nicht gut verkauft, wird von den Buchhändlern an die Verlage zurückgegeben, dies sind dann die sog. Remittenden, denn Buchhändler kaufen auf Kommission. Diese Tatsache an sich ist schon einmal bemerkenswert, denn welchem Händler, der mit nicht verderblicher Ware handelt, wird Kommission gewährt? Für die Buchhandelsketten bedeutet das, dass sie gefahrlos ihre Verkaufsräume und Lagerbestände vollknallen können, ohne kalkulieren zu müssen. Was sich innerhalb von wenigen Wochen nicht verkauft, wird zurückgeschickt und durch neue Titel ersetzt. Der Verlag hat eine Vereinbarung, die Titel anstandslos zurückzunehmen – und beim Autor zieht er die nicht verkauften Exemplare von den zuvor in Rechnung gestellten wieder ab. Auf der Abrechnung erscheinen diese dann als ein unhübsches Minus.

Manche Verlage behalten sogar ein Drittel des Vorschusses ein, um mit evtl. zukünftigen Remittenden zu verrechnen (sog. Advance against returns).
Die Anzahl der zurückgesendeten, nicht verkauften Exemplare ist sehr hoch, sie liegt bei 30 – 50 %. Das bedeutet, das für beinahe jedes verkaufte Buch, ein weiteres remittiert wird, oder anders ausgedrückt: es müssen zwei Bücher produziert werden, um eines zu verkaufen.

Die Verlage können sich die Remittenden ins Lager stellen und versuchen, sie über andere Kanäle weiterzuverkaufen, über Grossisten oder Antiquariate. Wenn dies aber auch nicht funktioniert, werden sie das Buch verramschen. 
Verramschen bedeutet: die Buchpreisbindung wird aufgehoben und das Buch kommt als Sonderangebot auf den Markt (sprich: auf den Grabbeltisch.) Ein Händler darf nicht von sich aus verramschen, das darf nur der Verlag. Das hat absurderweise zur Folge, das die Paletten mit Büchern erst zum Verlag gekarrt werden, bevor sie wieder (mit neuem Preis versehen) an denselben Händler zurückgeschickt werden.
Ökonomisch ein Albtraum. 

Wann es zu einer Verramschung kommen darf, wird im Verlagsvertrag geregelt. 
Im Normvertrag steht unter § 9 Verramschung, Makulierung:

Der Verlag kann die gedruckten Ausgaben des Werkes verramschen, wenn der Verkauf in zwei aufeinanderfolgenden Kalenderjahren unter.... Exemplaren pro Jahr gelegen hat. Am Erlös ist der Autor in Höhe seines sich aus § 4 Absatz 2 ergebenden Grundhonorarprozentsatzes beteiligt.


Hier gibt es also drei Punkte für den Autor zu verhandeln: 1. Der Zeitraum, in dem es zu einer Verramschung kommen darf (2 aufeinanderfolgende Kalenderjahre laut Normvertrag. Manche Verträge drücken dies auf 18 Monate runter. Unter 18 Monate sollte es aber auf keinen Fall liegen) und 2. ab wie vielen Exemplaren es zur Verramschung kommt.
100 Exemplare sind da ein ungefährer Richtwert, aber man sollte bedenken, dass 100 Exemplare pro Jahr für einen Roman eines bekannten Bestsellerautors wenig sein können (es also lange dauert, bis er unter diese Marke rutscht), für ein teures Fachbuch zu einem Spezialgebiet aber viel. Die Anzahl sollte im realistischen Verhältnis zur Auflage und zum Ladenpreis stehen.
Und natürlich 3. mit wie viel Prozent der Autor am Erlös der verbilligten Exemplare beteiligt wird.

Achtung: Bei Remittenden handelt es sich nicht um Mängelexemplare, denn an den Büchern liegt ja kein Mangel vor.

Ein Exemplar einfach als Mängelexemplar zu stempeln, obwohl es keinen äußerlichen Mangel hat, ist illegal. Manche Verlage benutzen diesen Trick, um eine Restauflage loszuwerden. Aber um ein Mängelexemplar handelt es sich nur, wenn tatsächlich ein Schaden an dem Buch vorliegt. Dann darf die Buchpreisbindung aufgehoben werden und das beschädigte Buch billiger verkauft werden. (siehe: http://www.boersenblatt.net/631417/ )
Die Aufhebung der Buchpreisbindung muss veröffentlicht werden. In aller Regel geschieht das in den 'gelben Seiten' des Börsenblatts. Entscheidend dabei ist, dass alle Händler, die ein Buch eventuell auf Lager haben, davon Kenntnis nehmen können, denn da es eine Buchpreisbindung gibt, gilt diese für alle Händler.


§9.2.

Erweist sich auch ein Absatz zum Ramschpreis als nicht durchführbar, kann der Verlag die Restauflage makulieren.


Makulieren ist ein lustiges Wort, findet das Literaturkaninchen.
Was dahinter steckt, ist aber weniger lustig.
Darüber sprechen wir dann man lieber beim nächsten Mal.


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Mittwoch, 14. Mai 2014

Geldregen in Raten


 
Business Bunny Teil 4



Wenn Neuautoren also üblicherweise einen Vorschuß in der Höhe von 3000 bis 10.000 € bekommen, dann ist natürlich klar, dass man davon nur schwer leben kann. 
Wie sieht es aber bei einem Vorschuß in sechsstelliger Höhe aus, einem von diesen Traum-Vorschüssen, von denen wir immer wieder lesen, dass ein hoffnungsvoller Nachwuchsautor ihn erhalten hat. Der Glückspilz hat doch wohl ausgesorgt.
(Und so ein Glückspilz wäre Deiner Einer auch ganz gerne.)

Gehen wir mal davon aus, Deiner Einer hat dieses Killer-Manuskript geschrieben, alle reißen sich drum und Random House ruft dich an und bietet dir 100.000,- €.
Hunderttausend Euro !
So einen Haufen Kohle. Selbst wenn man einberechnet, dass du vielleicht ein ganzes Jahr an diesem Manuskript geschrieben und ein weiteres halbes damit verbracht, bis du eine Agentur und einen Verlag gefunden hast, so sind 100.000,- € doch immer noch ziemlich viel Geld.
Aber so was von.
Du unterschreibst den Vertrag und wartest freudig auf den Scheck, denn du willst aus deiner engen Ein-Zimmer-Bruchbude ausziehen, ein Haus kaufen, ein Cabrio und einen Pelzmantel. Ok, dafür reichen die 100.000 € vielleicht noch nicht ganz, aber Hey! es ist ja nur der Vorschuß, da kommen dann ja später noch ganz viele Tantiemen dazu, wenn das Ding erstmal ein Bestseller ist.
Der Vertrag ist unterschrieben und der langersehnte Scheck flattert ins Haus, aber er ist nur über 25.000,- €. (21.000,- €, weil du einen Agenten hast.)
Hä?
Die meißten Verlage (und ganz bestimmt die, die Vorschüsse über eine so große Summe zahlen) schließen Verträge ab, in denen steht, dass der Vorschuß in vier Raten ausgezahlt wird:
Rate 1 bei Vertragsabschluß
Rate 2 bei Manuskriptablieferung
Rate 3 bei Erscheinen des Hardcovers
und Rate 4 bei Erscheinen des Taschenbuches.

Dein Manuskript ist ja aber bereits fertig gestellt, denkst du, es ist überarbeitet und poliert, wurde Testlesern vorgelegt und feingeschliffen (Hey! Du hast ein ganzes Jahr daran gearbeitet! Natürlich ist es fertig!) aber leider sehen deine Lektoren von Random House das anders und verlangen ein paar Änderungen. Das Lektorat beginnt und der Prozess zieht sich hin. Es fallen mehrere Überarbeitungen an, bis das Manuskript endlich akzeptiert wird und ins Korrektorat und schließlich zum Satz weitergereicht wird. Erst dann, sehr viele Monate und einige nervenaufreibende Emails später, als die Druckfreigabe erteilt wird, trudelt ein weiterer Scheck über 25.000,- € in deiner Einzimmerbude ein. (21.000,- €, da du einen Agenten hast.) Den ersten Scheck hast du inzwischen verpulvert.
Bis das Hardcover dann tatsächlich erscheint, vergeht noch einmal viel Zeit und das Taschenbuch ist noch in weiter Ferne. Deine ersten beiden Schecks hast du längst für Miete und Lebensunterhalt ausgegeben. Steuern musstest du auch zahlen. Und die Anfahrtskosten für all die Lesungen, öffentlichen Auftritte und Kasperkram, den du machen musst, um den Verkauf deines Buches anzukurbeln. Und du kapierst: Die Auszahlung des gesamten Vorschusses wird sich locker über einen Zeitraum von vier Jahren erstrecken. In dieser Zeit erhältst du keine weiteren Tantiemen.
Cheryl Strayed schreibt über diese Erfahrung im Magazin „Scratch“:

„So I sold my book for $100,000, and what I received was a check for about $21,000 a year over the course of four years, and I paid a third of that to the IRS. Don't get me wrong, the book deal helped a lot—it was like getting a grant every year for four years. But it wasn't enough to live off. So, I guess it was a humbling lesson!”

(Lest das komplette Interview, es kann sein, dass der Artikel nur für einen begrenzten Zeitraum kostenlos ist.) Der Fairness halber muss man dazu sagen, dass Cheryl Strayed bereits Schulden angehäuft hatte, als sie den Vorschuß bekam, und es ihr deshalb schwer fiel, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Für so manchen von uns wäre ein (Zusatz-) Einkommen von 21.000,- € im Jahr eine feine Sache, zumal wenn man schuldenfrei ist und weiterhin einer Berufstätigkeit neben dem Schreiben nachkommt.
Schwierig wird es aber, wenn das Schreiben die Haupteinnahmequelle sein soll und nicht noch ein „Brotberuf“ vorhanden ist, der Miete und Lebenskosten deckt. Dann bleibt einem Autor nur übrig, mehrere Eisen im Feuer zu haben, sprich mehrere Bücher, Artikel, Kurzgeschichten und vielleicht noch zu unterrichten oder als Lektor zu arbeiten. Und er sollte lernen, mit seinen Verwertungsrechten klug umzugehen. (Darüber werden wir noch sprechen).

Ja, aber ich habe doch dieses Killer-Manuskript für das mir Random House 100.000 € gezahlt hat, damit lande ich auf den Bestsellerlisten und werde reich!

Leider sind auch Bestseller keine Garantie für Reichtum. In einem Blogpost von Christoph Hardebusch gibt es ein sehr schönes Beispiel für einen solchen Fall. Die Urban Fantasy Autorin Lynn Viehl hat es 2009 mit ihrem Buch „Twilight Fall“ auf Platz 19 der New York Times Bestsellerliste geschafft. Und da sollte man doch annehmen, dass der Rubel zumindest bei ihr rollt.
Leider nicht.
Sie hatte einen Vorschuß von 50.000 $ erhalten. Von den 50.000 $ bekam sie nach Abzug aller Steuern etwa 26.000 $ Nettoeinkommen. Das Buch hatte eine Startauflage von 88.500 Exemplaren, wovon 64.925 Exemplare verkauft wurden, was Einnahmen von 40.484 $ ergeben würden. Da der Verlag aber ein Drittel der Tantiemen einbehielt, um sie mit etwaigen zukünftigen Remittenden zu verrechnen, blieben für die Autorin nur 27.721 $. Somit wurde der Vorschuß nicht erreicht und die Bestsellerautorin bekam 0,- $. Erst elf Monate später erhielt sie die nächste Abrechnung. Es wurden weitere 7,350 Exemplare verkauft (nach Abzug der Remittenden) und somit 4698,12 $ gutgeschrieben. Bis der Vorschuß endlich eingefahren sein würde, würde es schätzungsweise noch ein weiteres Jahr dauern – vielleicht auch nie.
Wahrscheinlicher ist, dass Lynn Viehl niemals mehr als die 26.000 $ für ihren Bestsellertitel erhalten hat.

Ein Haus hat sie sich davon wohl nicht kaufen können.
Aber vielleicht einen Pelzmantel.
Nur, der macht ohne Cabrio gar keinen Spaß…

Lest hier weiter: Verramschung passiert jedem.

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Freitag, 25. April 2014

Je höher der Vorschuß desto höher die Erwartungen


Business Bunny Teil 3





Du hast also dieses tolle Manuskript geschrieben und es entweder über eine Agentur oder auf eigene Faust Verlagen angeboten.

Und nun will ein Verlag es haben. Der Verlag macht dir ein Angebot, sie wollen dir für deinen Krimi einen Vorschuß von 3000,- € zahlen.
Du freust dich natürlich.
Da meldet sich aber noch ein anderer Verlag, sie wollen deinen Krimi ebenfalls herausbringen und bieten dir sogar 5000,- € Vorschuß.
Du machst vor Freude einen Luftsprung. Du meldest dich beim ersten Verlag und erzählst ihm von dem besseren Angebot. Diese ziehen mit und bieten dir nun anstatt der ursprünglichen 3000,- € sogar 6000,- €.
Das wird ja immer besser, denkst du und meldest dich bei Verlag Nr 2 und berichtest ihnen von dem erhöhten Angebot. Verlag Nr 2 legt noch einen drauf und bietet dir im Gegenzug nun 10.000 €. Bei dieser Summe muss Verlag Nr 1 abdanken; sie können nicht mehr zahlen als die gebotenen 6000,- €.
Du nimmst von Verlag Nr 2 die 10.000 € und reibst dir die Hände.
Du hast deinen Vorschuß mal eben verdreifacht.

Aber ist das gut? 

Vorschüsse sind an Startauflagen gekoppelt. 

Wie in der Rechnung beim letzten Mal gezeigt, müssen mehr Bücher verkauft werden, um einen höheren Vorschuß wieder einzuspielen. Wenn der Verlag also einen besonders hohen Vorschuß bietet, heißt das, er hat hohe Erwartungen an das Buch und glaubt, es in einer hohen Auflage verkaufen zu können. Je mehr er im Vorwege dem Autor gezahlt hat, desto mehr wird er sich ins Zeug legen, diese Kosten wieder einzuspielen, in dem er z.B. mehr Werbung für diesen Titel macht.

Hohe Erwartungen des Verlages bedeuten eine höhere Aufmerksamkeit.
Man erhält mehr Sorgfalt im Lektorat, mehr Platz in den Vorschauen, mehr Budget beim Marketing.
Was aber, wenn das Buch trotz allem sich nicht gut verkauft?
Dann bedeutet das einen umso höheren Verlust für den Verlag.
Bleibt ein Autor hinter den hohen Erwartungen zurück, bedeutet das zwar nicht, dass sie nie wieder ein Werk von ihm veröffentlichen werden. Aber sie werden Probleme haben, ein Werk desselben Autors den Buchhändlern noch einmal schmackhaft zu machen. Bedenke, nicht nur der Verlag muss von deinem Werk überzeugt sein, sondern auch die Buchhändler: Dein Debut sollte ursprünglich mit einer kleineren Auflage starten, doch weil die Vorschüsse hochgepokert wurden, wurde die Startauflage verdoppelt und diese doppelte Menge an Büchern muss nun an die Buchhändler verteilt werden. Diese stellen sich das Werk in die Regale, weil sie auf den Verlag hören und ihm glauben, diese Neuentdeckung sei der Renner. Aber die Leser greifen vielleicht nicht zu, dein Werk blieb in den Regalen liegen und der Buchhändler hat einen Stapel unverkaufter Bücher, den er an den Verlag zurückschickt, der sie wiederum einlagert (oder vernichtet). Für alle Beteiligten entstehen also erhöhte Kosten.
Und Enttäuschungen.
Neben den Wunden für dein Ego ist dabei am allerschlimmsten: die Buchhändler haben das Vertrauen darin verloren, dass sich Bücher von dir gut verkaufen und werden beim nächsten Mal weniger Exemplare in sein Regal stellen wollen (vielleicht nur noch ein einziges und das mit dem Buchrücken zum Kunden) – oder sogar ganz abwinken.

Der Autor durfte zwar seinen hohen Vorschuß von 10.000 € behalten, aber er hat dem Absatz (und der Sichtbarkeit) seiner nächsten Bücher deutlich geschadet.

Wäre er bei einem kleineren Vorschuß und einer kleineren Startauflage geblieben, so hätte er vielleicht die gesamte Auflage verkauft, es wäre nachgedruckt worden und er hätte dem Verlag nicht nur seinen Vorschuß wieder eingespielt, sondern evtl. sogar übertroffen.
Wie bereits erwähnt: Sehr viele Bücher holen ihren Vorschuß nicht wieder ein.
Deswegen sind die Bücher, die es tun, die Helden.

Sie gelten als echte Erfolge und der Verlag wird einem Autor, der die Erwartungen übertroffen hat, beim nächsten Mal bessere Konditionen (mehr Marketingbudget, mehr Prozente, höhere Auflagen) anbieten und auch die Buchhändler werden sich vom Nachfolger mehr Exemplare ins Regal stellen wollen, anstatt weniger, da sie das erste Buch dieses Autors gut verkauft haben und evtl. sogar nachbestellen mussten, anstatt zurückzugeben. 

Startauflagen werden vom Verlag genauestens kalkuliert. 

Rät das Business Bunny also dazu, die Angebote mit kleinerem Vorschuß anzunehmen?
Nein.
Ein zu kleiner Vorschuß ist auch nicht gut.

Bücher mit kleiner Startauflage bedeuten, der Verlag setzt keine großen Hoffnungen in den Titel, das bedeutet, er wird auch keine Werbung veranstalten, keine extra Lektoratsrunde finanzieren, nur wenig Platz in den Verlagsvorschauen für diesen Titel bereit stellen, und sich keine Mühe geben, Buchhändlern den Titel schmackhaft zu machen …
Eine zu kleine Auflage bedeutet, der Verlag glaubt nicht an dich.
Es bedeutet, du bist nur ein kleiner Titel von vielen und entweder schwimmst du von alleine oder du gehst sang und klanglos im Meer der vielen Neuerscheinungen unter.

Neben dem gebotenen Vorschuß sollte ein Autor bei der Verlagswahl also eine Reihe anderer Faktoren berücksichtigen: Wie wohl fühlt er sich bei dem Verlag, wie wird er behandelt, wie gut passt sein Titel in das Programm, wie viele ähnliche Konkurrenztitel wird es gleichzeitig geben, wie schätzt er die Zusammenarbeit mit den Lektoren ein, wie gut ist die Qualität der Bücher, wie namhaft der Verlag ect.
Geld ist eben nicht immer alles.

So du denn einmal in der beneidenswerten Lage sein wirst, mit mehreren Verlagen über dein Werk verhandeln zu können, so solltest du zwar gute Konditionen für dich herausschlagen – aber nicht unbedingt den Vorschuß in die Höhe treiben.
Ratsamer wären ein kleiner Vorschuß und kleinere Startauflage, aber dafür höhere Tantiemen,  ein höheres Werbebudget, ein prominenter Platz in den Vorschauen, eine Platzierung als Spitzentitel, vom Verlag organisierte Lesungen ect.

Das alles ist verhandelbar.
Und zahlt sich am Ende evtl. mehr aus, als ein einmaliges Garantiehonorar.

Weiter geht es hier: Geldregen in Raten.

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Sonntag, 6. April 2014

Den Vorschuß darfst du behalten


Business Bunny Teil 2


So, du hast also ein feines Buch geschrieben und ein Verlag will ihn veröffentlichen. 
Dann zahlt der Verlag dir einen Vorschuß. Und den Vorschuß darfst du in jedem Fall behalten. Selbst wenn sich das Buch schlecht verkauft und das Geld niemals wieder einspielt.
Der Vorschuß ist also ein vom Verlag gezahltes Garantiehonorar; der Verlag geht somit das Risiko ein, einen Verlust mit deinem Buch zu machen.
Im Gegenzug erhält der Autor aber erst Tantiemen, wenn der Vorschuß eingefahren wurde. Das bedeutet, dass er so lange kein Geld erhält, bis das Buch sich oft genug verkauft hat, und wenn das Buch sich nicht genug verkauft, sieht der Autor nie wieder weitere Kohle.
Nehmen wir das Beispiel vom letzten Mal:
Ein Autor erhält einen Vertrag für seinen Krimi, der für 10,- Euro als Taschenbuch im Laden herauskommen soll, mit 6% Tantiemen, also 56 Cent pro verkauftem Exemplar.
Der Verlag zahlt dem Autor einen Vorschuß von 3000,- Euro.
Der Autor kassiert das Geld, aber es müssen erst 5357 Exemplare verkauft worden sein, bevor er auch nur einen weiteren Cent erhält. Geht das 5358zigste Exemplar über den Ladentisch, so erhält der Autor weitere 56 Cent.
Natürlich nicht sofort. Die Tantiemen für weitere verkaufte Exemplare erhält er erst nach einem vorher festgelegten Abrechnungszeitraum von einem oder einem halben Jahr.


Der Vorschuß ist selten mehr als die Hälfte oder Zweidrittel von dem, was der Verleger glaubt, verkaufen zu können. Das bedeutet, wenn er einen Vorschuß von 3000,- Euro bietet, und glaubt 5000 Exemplare verkaufen zu können, dann geht er davon aus, dass eigentlich 10.000 bis 15.000 Exemplare von dem Buch verkauft werden können. Doch dem Autor sofort 6000,- / 9000,- Euro in die Hand zu drücken, ist ein zu hohes Risiko. Er zahlt erst einmal 3000,- und wartet ab, wie es läuft.
Der Autor dagegen hat diese 3000,- Euro garantiert in der Tasche. Sollte das Buch hinter alle Erwartungen zurückfallen und sich nur 2000 Exemplare verkaufen, so kann er den Vorschuß dennoch behalten.
Den Verlust trägt der Verlag.


Verlage gehen also ein Risiko ein, besonders wenn sie unbekannte Neuautoren unter Vertrag nehmen.
Sehr viele Bücher spielen ihren Vorschuß nicht wieder ein.
Dieser Verlust muss von anderen Büchern des Verlages ausgeglichen werden. Ein Bestsellerautor finanziert also gefloppte Neuautoren mit.
Um das Risiko gering zu halten, sind die Vorschüsse in den letzten Jahren immer kleiner geworden.
Ein Kleinverlag kann in den meisten Fällen gar nicht erst einen Vorschuß zahlen.

Für einen Autor ist es aber natürlich attraktiv, ein garantiertes Honorar zu erhalten, und in den Verhandlungen vor Vertragsabschluß könnte er dazu neigen, (mit Hilfe eines Agenten) einen möglichst hohen Vorschuß herauszuschlagen. Z. B. weil sein Buch so super ist, dass zwei oder mehr Verlage sich für das Buch interessieren und nun Angebote machen. Bei manchen Büchern kann es zu einer regelrechten Auktion kommen, bei der die Verlage sich gegenseitig mit den Vorschüssen überbieten.
Das klingt zwar toll (und ist gut fürs Ego) ist für den Autor aber nicht immer unbedingt das Beste, was ihm passieren kann.

Warum das so ist, warum es gefährlich sein kann, einen Vorschuß hochzupokern, und warum kleinere Vorschüsse mitunter besser sind, das erfahrt ihr beim nächsten Mal, wenn es heißt: 
Je höher der Vorschuß desto höher die Erwartungen

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Montag, 24. März 2014

Ich schreibe ein Buch und werde reich


Business Bunny Teil 1


Wie läuft das eigentlich mit Autoren? Bekommen sie eine Gage, ein Gehalt, werden sie ausbezahlt oder am Gewinn beteiligt?
Wer sich noch nie damit befasst hat, hat vielleicht keine (oder eine falsche) Vorstellung davon, was Autoren verdienen und wie sie bezahlt werden, deswegen erklärt euch das Business Bunny (das bin ich !) das jetzt mal.
Ein Autor bekommt kein Gehalt (denn er ist kein Angestellter eines Verlages). Die Arbeit eines Schriftstellers wird auf Honorarbasis vergütet.
Sachtexte und Artikel für Zeitschriften werden per Normseite vergütet, journalistische Texte per Wort.
Im Falle einer Kurzgeschichte oder einer Kolumne erhält der Autor dagegen meistens ein einmaliges Festhonorar, z.B. 100,- Euro für eine Kurzgeschichte. Mit diesem Honorar erwirbt der Herausgeber des Magazins (bzw. der Verlag) das Recht zur Veröffentlichung und Vervielfältigung an dem Werk. (Was genau das bedeutet, wird später noch einmal thematisiert.)
Nur 100,- Euro für eine Kurzgeschichte?
Das erscheint nicht sonderlich viel, ist aber ein üblicher Preis für eine Geschichte von ca. 5-10 Normseiten. Je nach Bekanntheit des Autors und Auflagenhöhe des Magazins kann es auch mehr oder weniger sein.
Mit dieser einmaligen Zahlung ist beim Autor bereits alles abgegolten, am Verkauf der Zeitschrift oder des Magazins wird er nicht weiter beteiligt.

Anders sieht es bei Romanen aus, dort wird der Autor am Verkauf jedes einzelnen Exemplares beteiligt und erhält sog. Tantiemen.

Das ist verständlich, denn schließlich ist seine Kurzgeschichte in einem Magazin nur ein kleiner Beitrag von vielen, während ein Roman ausschließlich aus dem von ihm verfassten Text besteht. Dennoch erhält ein Autor nur einen sehr kleinen Prozentsatz vom Verkauf des Buches, nämlich etwas zwischen 5-10 %.
Das erscheint sehr wenig (ist es auch), aber man darf nicht vergessen, dass der Autor vielleicht den ganzen Text zwischen den Buchdeckeln geliefert hat, dass aber auch noch eine Menge anderer Leute an dem Endprodukt „Buch“ beteiligt waren, und dass nicht nur der Autor daran verdienen will, sondern auch noch der Verlag, der Vertrieb und der Buchhändler, ganz abgesehen von der Druckerei, dem Papierhersteller, dem Coverdesigner, den Marketingleuten, der Presseabteilung, den Lektoren, den Großhändlern, Auslieferern, Lageristen und dem Finanzamt.

Beim Autor kommt am Ende dieser sehr langen Verwertungskette also nur sehr wenig an, und er muss viele viele viele Exemplare verkaufen, damit er seine Miete zahlen kann (geschweige denn auf einen Stundenlohn kommt, der nicht im Centbereich liegt.)

Die Höhe der Tantiemen hängt außerdem davon ab, wie viel der Verlag zahlen kann (ob es sich um einen großen Verlag handelt oder um einen kleinen und ob der Autor ein bekannter Bestsellerautor oder ein unbekannter Neuling ist) und ob das Werk als Taschenbuch, Tradepaperback, Ebook oder Hardcover erscheint. Für Hardcover bekommt der Autor mehr Geld, weil Hardcover teurer sind und weil die Verlage sich von einem Hardcover-Titel mehr versprechen.
Sollte sich ein Titel sehr gut verkaufen, wird üblicherweise ein höherer Prozentsatz ab einem bestimmten Abverkauf vereinbart.

Die Prozentstaffelung sieht in etwa so aus:

Taschenbücher: 6% (bis 25.000 Exemplare)

               7% (bis 50.000 Exemplare)

               8% (bis 100.000 Exemplare)

     9% (danach)* 


Hardcover

               9% (bis 10.000 Exemplare)

              10% (bis 20.000 Exemplare)

              11% (bis 50.000 Exemplare)

              12% danach 

Sehr wichtig: Diese Zahlen sind auf Basis des Nettoladenpreises, das heißt, der Ladenverkaufspreis abzüglich der Mehrwertsteuer von 7% bei Büchern. (bei Ebooks liegt die Mehrwertsteuer sogar bei 19% !)

Hier ein kleines Rechenbeispiel: Ein Buch wird als Taschenbuch zu 10,00 Euro in einer Erstauflage von 1500 Exemplaren veröffentlicht. Bei einer Absatzbeteiligung von 6% vom Nettoladenverkaufspreis ab dem 1. verkauften Exemplar ergibt sich folgende Rechnung: Ladenverkaufspreis 10,00 Euro Vermindert um 7% MwSt. 70 ct. = Nettoladenverkaufspreis 9,30 Davon 6% = 56 ct/verkauftes Exemplar.

Das heißt, der Autor verdient an jedem verkauften Buch 56 Cent.

Sollte die gesamte Erstauflage von 1500 Exemplaren verkauft werden, erhält der Autor 840,- Euro.

Im Hardcover: Ladenpreis 18,90 €, das sind netto 17,50 €. Davon 9% sind 1,57 €. Das ist ja schon mal fast das dreifache als die 56 Cent im Taschenbuch. Pro 1.000 verkaufte Bücher sind das 1570,- €,

Bei 10.000 Exemplaren wären das schon ganze 15.700 €.
Prinzip verstanden?
10.000 Exemplare im Hardcover zu verkaufen, ist aber leider gar nicht so einfach; realistisch ist das leider für die wenigsten Titel.
Eine Auflage von 1500 Exemplaren im Taschenbuch ist da schon reeller. Für einen Kleinverlag ist das schon ein Bestseller, und wenn der Autor es schafft, alle Exemplare zu verkaufen, dann kann er das als Erfolg werten. Und sich über seine 840,- Euro freuen.

Größere Verlage stellen größere Anforderungen und hoffen natürlich, mehr Exemplare an den Mann und die Maus bringen zu können, deswegen starten sie mit einer höheren Auflage von vielleicht 2500 – 5000 Exemplaren. Wenn sie einem Werk nicht zutrauen, nicht mindestens so viel Absatz zu finden, nehmen sie es erst gar nicht unter Vertrag, denn der Aufwand lohnt sich nicht. (Schließlich verdient auch der Verlag nur wenige Cent am Verkauf des Buches, in etwa in Höhe des Autors, doch er muss davon noch viel mehr Ausgaben tilgen als dieser.)
Weil der Verlag also glaubt, er könne locker 5000 Exemplare und mehr verkaufen, zahlt er dem Autor ein Garantiehonorar, den sog. Vorschuß.
Und was es mit dem Vorschuß so auf sich hat, das erklärt euch das Business Bunny beim nächsten Mal, wenn es heißt: Den Vorschuß darfst du behalten. 

(*Disclaimer: Die Prozentangaben der Tantiemen sind ein Beispiel und können von einzelnen Verlagsverträgen abweichen; viele Verlage bieten keine Staffelung der Honorare an oder bieten weniger Prozente. Unter 5% im Taschenbuch sollte aber kein Autor gehen.) 

Mehr zu dem Thema:
  • Wie viel verdienen Autoren?

  • Was bedeuten Tantiemen und Nettoverlagserlös?

  • Was passiert bei Verramschung?

  • Wie kann man die Rechte an seinen Werken zurückbekommen?

  • Welche Rechte sollte man überhaupt an einen Verlag abgeben?

  • Kann man Audio- und Ebookrechte behalten und selbst ausüben?

  • uvm.  kann man in meinem Ebook "Verlagsverträge für Autoren - verstehen und verhandeln" nachlesen. Oder hier in meinem Blog.