Donnerstag, 9. April 2015

Worauf man bei Mehrbuchverträgen achten sollte



Business Bunny Teil 21


Manchmal bietet ein Verlag einem Autor einen Vertrag über mehrere Bücher. Das ist zunächst einmal ein fetter Grund zum Jubeln, denn der Autor bekommt somit eine Garantie, dass auch seine nächsten Bücher veröffentlicht werden. Er bekommt für diese Bücher bereits einen Vorschuss und muss sich nicht wieder auf die langwierige und mühselige Suche nach einem Verlag begeben. Ein Mehrbuchvertrag war oder ist der Traum vieler (angehender) Schriftsteller, denn er sichert (scheinbar) die Karriere.
Leider hat so ein Mehrbuchvertrag auch einige Nachteile, die Meiner Einer im Folgenden beleuchten will.

Was ist ein Mehrbuchvertrag?
Ein Mehrbuchvertrag geht z.B. über 3 Bücher, im Gegensatz zu einem normalen Buchvertrag, der nur ein einziges Werk kauft. Diese 3 Bücher können Teil einer Serie oder einer Trilogie sein, müssen es aber nicht, es kann sich auch um 3 einzelne und unterschiedliche Werke (sogar in verschiedenen Genres) desselben Autors handeln. Der Verlag kauft (lizensiert) einfach die nächsten 3 Werke des Autors – evtl. sogar wenn diese noch gar nicht verfasst sind und auch noch kein Exposé existiert.
Der Vorschuss (und das Honorar) für diese 3 Werke wird im Vertrag bereits festgelegt und sind im Nachhinein nicht mehr verhandelbar, d.h. wenn eines der Werke sehr erfolgreich sein sollte, kann der Autor nicht für Buch 2 höhere Tantiemen verlangen. Der Vorschuss auf alle drei Werke wird dafür bereits ausgezahlt, das bedeutet, dass der Autor wahrscheinlich den höchsten Batzen Geld für ein Manuskript erhält, den er jemals erhalten wird. Da Vorschüsse in Raten gezahlt werden (s. Business Bunny Teil 2) erhält der Autor bei Unterzeichnung des Vertrages seinen Vorschuss für Werk 1, Werk 2 und Werk 3 (selbst wenn Werk 2+3 noch gar nicht verfasst sind.) Also wenn z.B. der Vorschuss pro Werk 15.000 € beträgt und in 3 Raten á 5.000 € ausgezahlt wird, so erhält der Autor bei Unterzeichnung des Vertrages 15.000 €. Cash. Auf die Pfote.
Jieppiieeh!

Worauf sollte man bei einem Mehrbuchvertrag achten?

Bei einem Vertrag, der über mehrere Werke geht, sollten die Werke nicht gemeinsam abgerechnet werden. Manche Verträge sehen eine Klausel vor, die in etwa so lautet:
“Books one, two, and three will be held in a joint and open account, and the publisher shall not pay the author’s share of royalties and subsidiary rights income on any book of the work until the author’s share of royalties and subsidiary rights income for all books exceeds the total advance.”
(Mir liegt leider keine deutschsprachige Formulierung dieser Klausel vor, wer eine hat, kann sie mir gerne schicken.)

Das bedeutet:
Wenn du einen Mehrbuchvertrag über 3 Bände mit einem Vorschuss von 15.000 € pro Werk abgeschlossen hast, dann bekommst du erst dann wieder Tantiemen, wenn die 45.000 € durch Buchverkäufe eingenommen wurden. Wenn also z.B. Buch 1 bereits Tantiemen einspielt, werden diese mit dem Vorschuss von Band 2 und 3 gegengerechnet bis dieser eingespielt wurde.

Das bedeutet, dass es sein kann, dass ein sehr erfolgreiches Werk dir keine weiteren Tantiemen einbringt, weil ein anderes Werk sich nicht gut verkauft oder noch nicht erschienen ist.

Hier eine Beispielrechnung:
Vorschuss für Buch 1: 10.000 €
Vorschuss für Buch 2: 10.000 €
Vorschuss für Buch 3: 10.000 €

Buch 1 spielte nur 5,000 € seines Vorschusses wieder ein. Buch 2 nur 6,000 € seines Vorschusses.
Book 3 brachte aber 12,000 € ein —spielte den Vorschuss also ein und brachte sogar 2.000 € Profit.
In einem normalen Vertrag ohne gemeinsame Abrechnung, würde der Autor nun 2.000 € an Tantiemen für Buch 3 erhalten.

Aber mit zusammengefügter Abrechnung, erhält der Autor nichts. Die Abrechnung sieht nämlich so aus:

Vorschuss für Buch 1 : 30.000 €
Verdienst an Buch 1: 23.000 €

Summe, die der Autor noch schuldet, bis der Vorschuss ausgezahlt wurde: 7.000 €
Anstatt 2.000 € zu bekommen, schuldet der Autor dem Verlag noch 7.000 € .
Ohne die gemeinsame Abrechnung würde der Autor noch 5.000 € für Buch 1 schulden, und noch 4.000 € für Buch 2, aber Buch 3 würde bereits Geld einspielen. 

Wer diese gemeinsame Veranlagung in der Abrechnung seiner Bücher nicht möchte, dem wird der Verlag in den meisten Fällen im Gegenzug einen sehr viel geringeren Vorschuss anbieten. Verlage mögen die gemeinsame Abrechnung, da sie das Risiko für den Verlag mindern. Wenn die Erwartungen an den Verkauf des ersten Werkes zu hoch eingeschätzt wurden, hat der Verlag eine bessere Chance, seine Verluste durch den Verkauf der nachfolgenden Werke wieder einzuspielen. Für Autoren bedeutet das aber, dass das Risiko auf sie abgewälzt wird. Und dass Deiner Einer lange warten kann, bis er je wieder Geld aus Tantiemen für eines dieser Werke sehen wird. Jahre. Wenn überhaupt jemals wieder eine Auszahlung erfolgt.

Was kann bei einem Mehrbuchvertrag noch passieren?

AUßERDEM: Wenn dein erstes Werk floppt kann der Verlag den Vertrag kündigen. In dem Fall muss der Vorschuss für Werk 2 + 3 zurückgezahlt werden!
Oder noch schlimmer: Wenn das erste Werk Teil einer Serie ist, und der erste Band floppt, dann kann der Verlag aber auch verlangen, dass Deiner Einer ein anderes Buch schreibt, damit der Vertrag erfüllt wird. Wenn du also zum Beispiel einen Vertrag über eine Serie, die über 4 Bände laufen soll, unterschrieben hast, dann kann es sein, dass der Verlag Band 2-4 nicht mehr herausbringt. Du bist vertraglich aber dann gezwungen, 3 andere Bücher zu schreiben. Selbst wenn du Band 2+ 3 der Serie vermutlich bereits geschrieben und evtl. sogar bereits abgegeben hast, als die Entscheidung fiel, dass Band 1 sich nicht gut genug verkauft. Mit deinem 4-Buch-Vertrag kann es also passieren, dass du 7 Bücher schreiben musst, um deinen Vertrag zu erfüllen. (So etwas ist schon vorgekommen.)
In dem Fall kann der Autor ganz schön ins Schwitzen kommen, denn er muss ja um seinen Vertrag einzuhalten auch die vertraglichen Deadlines einhalten, d.h. er muss 3 neue Werke aus dem Hut zaubern. Während er bei der ursprünglich geplanten Serie Vorlaufzeit zur Planung hatte und vermutlich auch mehrere Jahre zum Nachgrübeln über den Plot und die Handlung, so muss er nun in wenigen Monaten etwas Neues aus dem Ärmel schütteln. Außerdem parallel an Band 3 schreiben, Band 2 überarbeiten und Band 1 promoten.
Ein Mehrbuchvertrag ist ein Fulltime-Job.
Da der Verlag wieder mit einem Flopp rechnet, wird er auf ein eigenständiges Werk mit Potential für Fortsetzungen pochen. Diese sind nicht so leicht zu schreiben, wie ein bereits von vornherein als Serie oder Trilogie geplantes Werk. Fortsetzungen für bereits abgeschlossene Handlungen wirken oft ausgelutscht und angehängt. Behält man aber im ersten Band zu viel in der Hinterhand, so kann es sein, dass dieser Teil des Werkes nie veröffentlicht wird und der Leser diesen starken Teil der Handlung nie zu lesen bekommen wird. (Näheres über das Planen und Schreiben von Serien und Mehrteilern erzähle ich in meiner nächsten Blog-Reihe „Das Gesetz der Serie“.)

Das Ganze soll aber nun nicht bedeuten, dass das Literaturkaninchen davon abrät, einen Mehrbuchvertrag zu unterschreiben, wenn Deiner Einer das unglaubliche Glück haben sollte, einen angeboten zu bekommen. Dies ist wie immer nur eine Warnung davor, was passieren könnte, damit Deiner Einer weiß, was er da unterschreibt und worauf er sich einlässt.

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