Quelle: Pexels |
Plot ist englisch und bedeutet Handlung.
Wir meinen also die Handlung eines Romans,
wenn wir vom Plot sprechen. Weil das englische Wort aber noch ein bisschen mehr
bedeutet, hat es sich auch im deutschen Sprachgebrauch eingebürgert; Plotten
bedeutet nämlich auch , einen Plan zu
haben, zu konspirieren, sich etwas auszuhecken. Zum Beispiel plottet man
einen Bankraub (they plot a bankrobbery).
Das bedeutet, dass man nicht nur plant, wie man in das Bankgebäude hineinkommt,
sondern auch, wie man den Alarm ausschaltet, den Tresor öffnet, das Fluchtauto
positioniert, das Land verlässt und wie man das Geld hinterher unauffällig
ausgibt, ohne geschnappt zu werden. Der Plot umfasst also den kompletten Coup,
man durchdenkt jeden nötigen Schritt. So macht man es auch mit einem Roman,
wenn man plottet: Man plant jeden einzelnen Schritt der Handlung.
Was ist eigentlich Handlung?
Man kennt das aus dem
Schul-Unterricht: Wir erinnern uns, wie wir die Handlung eines Romans zusammenfassen
sollten. Gar nicht so leicht. Was lässt man weg, was ist wichtig? Da haben wir
dann so etwas in der Art geschrieben wie: "Und dann passierte dies ... und dann passierte das ..."
Die Handlung eines guten
Romans sollte aber nicht bloß aus einer Aneinanderreihung von Ereignissen
bestehen, sondern vielmehr sollten die Ereignisse einander beeinflussen, und
eine logische Weiterentwicklung darstellen. Wir können die Handlung in
unserem Schulaufsatz also etwas besser zusammenfassen mit: "Und WEIL dies geschah, passierte das
..."
Eine Handlung sollte also,
als eine Reihe von Verkettungen von
Ereignissen, die durch Ursache und Wirkung sich gegenseitig auslösen, aufgebaut
sein.
Aber das ist noch immer nicht
Plot.
Plot kann man am besten
in einer Logline zusammenfassen.
Diese besteht aus nicht mehr als 2 Zeilen und fasst den Kern der Handlung
zusammen. Den Plot eines Romans kann man in dieser Formel zusammenfassen:
Eine Hauptfigur mit einem Ziel, das sie verfolgt, und alle Hürden und jeden
Widerstand überwindet, bis sie im Showdown den Gegenspieler (der entweder das gleiche Ziel verfolgt oder das
Gegenteil erreichen will) mit all ihren neu erlernten Fähigkeiten, Wissen
und Können konfrontiert und entweder siegt
oder besiegt wird. Dafür muss die
Hauptfigur eine Wandlung durchmachen
und ihre Wunde (ihren Fehler oder Trauma) überwinden und gestärkt oder
gebrochen aus der Konfrontation hervorgehen. Alle Nebenfiguren beleuchten das Thema aus einer anderen Sichtweise
und tragen so zur Lösung des
Hauptkonfliktes bei.
Das ist Plot.
Wie wir sehen, ist alles
mit allem verbunden; jedes Element erfüllt einen bestimmten Zweck, wie die
Rädchen in einem Uhrwerk. Es ist also zu kurz gegriffen, von einer
Aneinanderreihung von Ereignissen zu reden, wenn wir Handlung meinen.
Einen Roman zu plotten,
bevor man anfängt, das erste Kapitel zu schreiben, hat viele Vorteile. Im
Grunde baut man das gesamte Gerüst, bevor man anfängt, es mit Details
auszuschmücken. Dadurch dass man weiß, wovon der Roman handeln soll, wie alles
endet und welche Probleme die Hauptfigur auf dem Weg dorthin überwinden muss,
kann man von Anfang an Vorshadowing betreiben, alle nötigen Figuren und
Schauplätze einbauen und vor allem hat man bereits ein Gerüst, dass sich sehr
einfach in ein Exposé verwandeln lässt, um sich bei Agenturen und Verlagen zu
bewerben, bevor man die ganze Arbeit mit dem Schreiben hat!
Wie plotte ich einen Roman?
Am besten füllt man
zunächst einmal die Logline aus (den Satz oben). Das ist unter Umständen gar
nicht so einfach und kann schon viel Nachdenken bedeuten.
Wem das zu mechanisch
ist, der kann auch versuchen, den Klappentext seines ungeschriebenen Buches zu
verfassen. Klappentexte haben die schöne Eigenschaft, dass man Hauptfigur und Hauptkonflikt benennen muss,
und es einen dazu zwingt, zunächst einmal darüber nachzudenken, was man
eigentlich schreiben will, aber auch, dass man das Besondere, das, was einen
selbst an der Idee begeistert, formulieren darf. In einem Klappentext nennt man
nicht das Ende der Geschichte (denn man will dem Leser ja nicht zu viel
verraten), daher ist es in Ordnung, wenn man zu diesem Zeitpunkt noch nicht
genau weiß, wie im Detail die Geschichte enden soll.
Das denkst du dir im
nächsten Schritt aus.
Wenn du deine Logline
hast, fängst du an, Ideen für Szenen zu sammeln. (Wie gesagt, es ist ok, wenn
die Logline an dieser Stelle noch Lücken hat.) Schreibe zunächst einmal alles
auf, was dir einfällt. Am besten benutzt du Index-Karten (damit du sie später in der Chronologie anordnen
kannst). Sammele zunächst einmal alles, was dir einfällt. Vielleicht hast du
eine Idee, wie zwei Charaktere sich das erste Mal begegnen, oder du weißt, du
willst unbedingt eine Schwertkampfszene drin haben, oder es beginnt alles
damit, dass die Hauptfigur einen Tatort betritt. Notiere jede Szene, zensiere
dich nicht. Du kannst später noch Ideen wieder aussortieren. Aber hänge dich
nicht zu lange daran auf, es genügen Stichworte (daher der kleine Platz auf den
Index-Karten). Nebenhandlungen können auf anders farbigen Karten notiert
werden.
Nun, wenn du alle Szenen
hast, werden diese der Reihe nach angeordnet. Denn wir wollen die Szenen einer
Geschichte ja in einer logischen Verkettung von Ereignissen
aneinanderreihen. Jede Geschichte folgt einer Struktur, die bereits seit der
Antike erprobt und genutzt werden. Damals teilte man ein Theaterstück in Akte
ein, die jeweils ca. 15-20 Minuten lang waren. Nach jedem Akt gab es eine
Pause, nicht, weil das Publikum nicht länger zuhören konnte, sondern um
Umbauten auf der Bühne möglich zu machen. Damit das Publikum auch nach der Pause
zurückkam (das war nicht selbstverständlich) schrieben die Autoren kleine
Spannungsbögen in ihre Akte und endeten mit einem „Cliffhanger“: Wendepunkte,
die der Geschichte eine neue Richtung gaben. An diese Erzählstruktur haben wir
uns so sehr gewöhnt, dass man noch heute von einer Geschichte alle 15-20 Min
(z.B. im Fernsehen oder Kino) einen spannenden Wendepunkt erwartet, sonst hat
der Zuschauer das Gefühl, die Handlung
komme nicht voran. Das Fernsehen benutzt solche Wendepunkte auch vor jeder
Werbepause, damit diese nicht wegzappen, sondern wieder einschalten. Durch die
häufigen Unterbrechungen werden die Abstände immer kürzer und Zuschauer
erwarten häufig schon nach wenigen Minuten Wendepunkte.
Seit der Antike gibt es
also die Einteilung in Akte, und es hat sich eine allgemeine 3-Akte-Struktur
herausgebildet (es gibt auch 4-Akter und 5-Akter, aber das lassen wir für den
Moment einmal weg.)
Die 3-Akte sind nichts
anderes als Anfang, Mittelteil und
Schluss. Innerhalb dieser 3 Akte gibt obligatorische Szenen (sog.
Plotpoints oder auch Wendepunkte), die unbedingt drin sein müssen, und indem du
nun deine gesammelten Szenen anordnest, bekommst du einen Überblick, wo es noch
Lücken gibt, welche Plotpoints dir fehlen und wo du dir noch Gedanken machen
musst.
Was also sind die nötigen Plotpoints in einer Geschichte?
Es gibt verschiedene
Theorien nach der Geschichten in 7, 8, 15 oder 22 Plotpoints aufgeteilt werden.
Sie alle stimmen aber überein, und unterscheiden sich nur in der
Detailliertheit. Ich persönlich benutze eine Einteilung in 19 Plotpoints. Deswegen
möchte ich euch heute, die 15 Plotpoints nach Blake Snyder vorstellen — meiner
Lieblingstheorie — ergänzt durch 4 weitere (optionale) Scriptdoktor -
Plotpoints.
Blakes Snyders Beat Sheet (+ Scriptdoktor)
1)
Opening image (Einführung der Hauptfigur): Ein charakterisierender Schnappschuss aus dem
Alltag der Hauptfigur, knapp bevor sich ihr Leben auf den Kopf stellt und sich
alles ändert.
2)
Set up: Einführung aller weiteren wichtigen Figuren, Elemente und des Gefühls,
dass etwas nicht stimmt und eine Änderung geschehen wird.
3)
Theme stated (Nennung des Themas): Die Wahrheit, Aussage oder Erfahrung, die die
Hauptfigur durchlaufen muss, auch wenn sie sie an dieser Stelle noch nicht
versteht oder gar verneint. Das Thema stellt eine moralische Frage/ Dilemma,
die am Ende beantwortet werden muss.
4)
Catalyst
/ Inciting Incident (Auslöser): etwas geschieht, dass das normale Leben der Hauptfigur auf den
Kopf stellt; das Ereignis, dass den Hauptkonflikt auslöst; der Ruf ins
Abenteuer. Der Antagonist tritt hier häufig in Erscheinung.
5)
Debate (Zögern): Die Hauptfigur zögert, das Abenteuer anzunehmen; Was steht auf dem Spiel? wird formuliert
6)
Break
in Act II (Aufbruch in den II. Akt): Die Hauptfigur trifft die Entscheidung, den Ruf des Abenteuers anzunehmen,
sich dem Problem zu stellen und ihr Ziel aktiv zu verfolgen.
7)
B-Story (Nebenhandlung): Der Konflikt einer Nebenfigur (die vielleicht
bereits in 2)Set up vorgestellt wurde) wird eingeführt oder vertieft.
Normalerweise ergänzt die B-Story
das Hauptthema oder
beleuchtet es von einer anderen Seite. Sidekicks, Buddys und
Loveinterests, aber auch Mentoren und Feinde können hier auftreten. Auch wird
das Thema hier häufig noch einmal diskutiert.
8)
Promise of the premise (Fun and
Games): Die Hauptfigur in ihrer
neuen Welt; hier
wird die Prämisse erfüllt. Handelt es sich um einen
Actionthriller, gibt es hier eine Verfolgungsjagd, bei einer Liebesgeschichte
eine Liebesszene, in einer Komödie etwas zu lachen und in einem Krimi die
Verfolgung von Spuren.
9)
Temporary Triumph (vorübergehender Triumpf): Bei der Verfolgung ihres Ziels erlebt die
Hauptfigur entweder kurzzeitigen Erfolg oder einen Misserfolg. In jedem Fall
verkompliziert sich das Problem und das Tempo und die Spannung steigt.
10)
Midpoint
(Reversal): Der Midpoint stellt die exakte Mitte des Buches
dar. Hier muss etwas geschehen, dass alles, was die Hauptfigur bisher erreicht
oder verstanden hat, wieder in Frage stellt. Neue Informationen, falsche
Fährten, Verrat, Geheimnisse und Lügen sorgen dafür, dass die Hauptfigur ihr
Ziel nicht auf dem Weg erreichen kann, den sie bisher eingeschlagen hatte.
11)
Bad guys close in (Bösewichter schlagen zu): Der Antagonist oder seine Helfer treten auf den
Plan und stellen dem Helden weitere Hürden in den Weg. Kommt es zum Kampf,
verliert der Held.
12)
All is lost (Alles ist verloren):
Für den Helden sieht es schlecht aus: Seine Pläne sind gescheitert, sein Ziel
in unerreichbare Ferne gerückt, der Antagonist hat (scheinbar) gewonnen. An
dieser Stelle tritt häufig der Tod auf (ein Mentor, Freund oder Verbündeter
stirbt.)
13)
Dark night of the soul (Düsterster Moment): Der Held ist am Ende und an dieser Stelle tritt
seine innere Wunde zutage (sein want/ need kämpfen gegeneinander), alle
Hoffnung scheint verloren.
14)
Break
in Act III (Aufbruch in den III. Akt): Eine neue Information, Eingebung oder die Hilfe
eines Verbündeten (häufig durch die B-Story) schüren wieder Hoffnung. An dieser
Stelle erkennt die Hauptfigur manchmal ihren inneren Konflikt (Need) und was
sie braucht, um ihr Ziel zu erreichen. Sie trifft die Entscheidung, es ein
letztes Mal zu versuchen und sich dem Antagonisten zu stellen. Ab hier gibt es kein
Zurück!
15)
Final obstacle (Final
Obstacle): Manchmal gibt es noch eine letzte Hürde (einen Handlanger,
eine Falle, oder ein Problem aus der B-Story) zu überwinden, bevor der Held auf
den Antagonisten trifft.
16)
Showdown (Finale): Die Hauptfigur tritt in ihrer neuen, stärkeren,
erleuchteten Version dem Antagonisten gegenüber und es kommt zur finalen
Konfrontation. Der Held hat seine Lektion aus dem Thema gelernt und wendet all
seine neuen Erkenntnisse, Fähigkeiten oder Waffen gegen den Antagonisten an und
erreicht sein Ziel.
17)
Pay off theme (Die Moral von der Geschichte): Die Lehre, die die Hauptfigur gezogen hat, wird
ausgesprochen.
18)
Resolution (Auflösung): Alle noch offenen Handlungsstränge werden gelöst
und auch die B-Story zu einem Abschluss geführt.
19)
Final Image (Schlussbild): Der Held kehrt häufig zurück in seine alte Welt,
aber er ist verändert. Spiegelung zum 1) opening image.
Und jetzt kommst du. Nehme deine Index-Karten und fülle für jeden
Plotpoint eine aus. Es ist wichtig zu verstehen, dass Plotpoints nicht
gleichbedeutend mit Szene sind. Manche Plotpoints brauchen mehr als eine
Szene, um ihre Wirkung zu erzielen, andere wiederum vielleicht nur einen
einzigen Satz. Z.B. wird das Set up
mehrere Szenen oder gar Kapitel einnehmen, während theme stated ein einziger Satz oder kurzer Dialog umfasst. Die
Grafik verrät dir auch, dass der Anfang und das Ende einer Geschichte jeweils
nur 25 % des Romans ausmachen, während die weite Mitte 50% umfasst. Das
bedeutet, dass der größte Teil deiner Handlung in der Mitte des Romans
geschieht, und dass du diesen gut füllen musst. Du kannst auf diese Weise auch
gut überprüfen, ob dein Anfang z.B. zu lang ist, denn der große WENDEPUNKT I
(Break in Act II) sollte auf der Seite mit 25 % des Inhalts geschehen.
Suche aus deinen bereits
ausgefüllten Karten, ob diese auf einen der Plotpoints passen oder erweitere
oder verändere sie. Spiele mit der Reihenfolge deiner Szenen, verschiebe sie
und schaue, was passiert.
Das kann bei manchen
Projekten einige Zeit in Anspruch nehmen; vor allem die wichtigen Wendepunkte (Break in Act
I, Break in Act II und der Midpoint) sowie der Showdown
bereiten einem häufig Probleme, denn es sind die wichtigste Bausteine.
Es kann viel Zeit und viel Brainstorming in Anspruch nehmen, die Lösung für ein
Plotproblem zu finden. Aber mit Hilfe der Indexkarten hat man einen guten
Überblick, man kann ein Projekt in der Schublade lassen und immer mal wieder
daran feilen. Wem echte Index-Karten zu aufwändig sind, weil er keinen Platz
hat, diese an die Wand zu hängen oder auszubreiten, der kann auf
Schreibprogramme wie Scrivener oder Papyrus zurückgreifen, die Index-Karten
simulieren.
Ist so ein Vorgehen nicht zu einschränkend?
Die Vorarbeit dient dazu,
zu verhindern, sich in Sackgassen zu schreiben, oder später aufwändigeres
Überarbeitungen vornehmen zu müssen. Aber nichts davon ist in Stein gemeißelt. Natürlich
passiert es, dass man später beim Schreiben feststellt, dass etwas nicht funktioniert,
oder dass man neue, bessere Ideen bekommt. Das ist in Ordnung, dann passt man
sein Gerüst (seine Index-Karten) einfach an — und behält den Überblick.
Plotten heißt also:
Eine Geschichte wird also
um einen zentralen Konflikt herum
konstruiert, der Hauptfigur mit ihrem
Ziel und dem Problem, das sich
ihr (in Form des Antagonisten oder
der antagonistischen Kraft)
entgegenstellt. Der Autor baut den zentralen Konflikt in einer Reihe von
logisch miteinander verbundenen Ereignissen in einer Chronologie von Anfang,
Mittelteil und Schluss auf, also dem Set
up, dem steigenden Konflikt und dem Showdown.
Die Storyline, die aus diesem
zentralen Konflikt heraus erwächst, ist die Struktur einer Geschichte.
Dakne. Serr Hilfirch
AntwortenLöschen