So, deine Hauptfigur hat also eine
lange und reiche Hintergrundgeschichte, Tragödien und schwere
Schicksalsschläge, verlorene Lieben und Leichen im Keller?
Fein.
Und diese Hintergrundgeschichte ist
unbedingt wichtig für das Verständnis deiner Geschichte, außerdem
hast du als Autor auch noch die Aufgabe, dem Leser das besondere
Setting, die Völker und Kreaturen, Gesellschaftsschichten und Aufbau
deiner Welt zu beschreiben, denn du schreibst SF/ Fantasy?
Achtung, hier lauern Gefahren.
Gefahren eines Infodumps.
Was ist ein Infodump, wie kann ich ihn
erkennen und wie wieder auflösen?
Infodump bedeutet, dass der Leser mit
zu viel Hintergrundinformationen überschüttet wird. Die meißten
(modernen) Geschichten werden aus der Perspektive eines personalen
Erzählers oder eines Ich-Erzählers geschrieben, d.h. der Leser
befindet sich dicht an der Hauptfigur und kann ihre Gedanken und
Gefühle nah miterleben.
Wenn nun aber aus der Sicht der
Hauptfigur herausgesprungen wird und der Erzähler sich einmischt, um
dem Leser etwas zu erklären oder mitzugeben, dann handelt es sich
häufig um einen Infodump, vor allem, wenn die Erklärungen länger
als drei Zeilen in Anspruch nehmen.
Was tun?
Man nehme einen Textmarker und gehe
sein Manuskript nach solchen Stellen durch. Streiche jede Stelle an,
an der der Erzähler sich einmischt oder an der die Figur in einem
Flashback etwas über sich selbst erzählt. Überlege, wie du die
Information, die in diesen Abschnitten gegeben wurde, anders
transportieren kannst.
Wenn man sehr viele solcher Stellen in
seinem Text findet, und ganz viel markiert hat, dann kann es sein,
dass man die falsche Erzählperspektive gewählt hat oder die falsche
Figur als Hauptperson. Ehrlich. Überlege genau, wer es ist, der
deine Geschichte dem Leser am besten erzählen könnte. Das muß
nicht immer der Held der Geschichte sein.
Wenn man aber die richtige Perspektive
und den richtigen Perspektivträger für seine Geschichte gewählt
hat, dann muß man sich dran machen und diese Blöcke an reiner
Hintergrundinformation auflösen, indem man sich überlegt, ob diese
Informationen wirklich wichtig sind, für das Verständnis und das
Vorantreiben der Geschichte.
Infos verlangsamen den Erzählfluss.
Indodumps sind wie Hubbel auf einer
Schnellstrasse, wie diese ärgerlichen Beulen zur Verkehrsberuhigung
in einer Seitenstraße, durch die man doch mal eben schnell
durchhuschen wollte.
Stelle dich dem Hubbel in dem du
analysierst: Welche Frage sollte mit diesem Infodump beantwortet
werden? Ist sie wirklich wichtig? Habe ich diese Frage vielleicht
schon einmal an anderer Stelle beantwortet?
Und vor allem: Ist es nicht besser,
den Leser über diese Sache im Dunkeln zu lassen?
Denn bedenke: Spannung kommt auf, weil
der Leser unbeantwortete Fragen hat.
Viele Anfänger - Autoren (vor allem
von Fantasy und SF, aber auch andere Genres sind davor nicht sicher)
begehen den Fehler ihre Geschichte mit einer reinen Exposition zu
beginnen und das ist NIE gut. Werfe dem Leser kleine Häppchen hin,
mache Andeutungen. Aber erkläre nicht.
Show, don`t tell.
Wenn deine Welt fortgeschrittene
Technik, andere physikalische Gesetze oder Magie enthält, dann
erkläre uns nicht, wie sie funktioniert, zeige es uns.
Das gleiche gilt für die seelischen
Narben und bereits erlebten Abenteuer deines Helden. Vermeide
Flashbacks und absätzelanges Sinnieren über die Vergangenheit. Ein
einziger Satz, oder eine Geste reicht oft. Indiana Jones bekommt in
der ersten Szene bei der ersten Begegnung mit der weiblichen
Nebenfigur von ihr eine Ohrfeige. Das reicht, um dem Leser alles zu
sagen. Die beiden kennen sich. Sie ist eine Frau. Sie ohrfeigt ihn.
Sie hatten was miteinander.
Weitere Erklärungen unnötig.
Indis lässiges Lächeln als Antwort
ist uns ebenfalls Charakterisierung genug.
Und wenn du alle überflüssigen
Informationen rausgestrichen hast, und nur noch das drin ist,
was für die Story wirklich wichtig ist, dann bleibt dir noch eines:
Gebe es einem Testleser und frage, ob er die Geschichte versteht.
Ob alle wichtigen Informationen drin
sind und an der richtigen Stelle kommen.
Beim Kürzen kommt der Herr Autor dann
immer wieder unweigerlich auf die Frage: “Was will Meiner Einer
eigentlich erzählen?“
Was ist der Kern meiner Geschichte?
Und wenn du dich wirklich, wirklich
nicht von den Heldentaten in der Vergangenheit deines Charakters
lösen kannst, weil die so cool und aufregend und spannend sind, das
sie unbedingt gezeigt werden müssen, dann hast du dort vielleicht
die wahre Geschichte.
Die Hintergrundgeschichte, die deinem
Charakter und dir das Leben schwer macht, und deinen Anfang unnötig
aufbläst, und dich zu einer Exposition zwingt, wo du doch den Leser
in die Handlung hineinziehen solltest, kann der Grund sein, weswegen
du überhaupt zum Stift greifst.
Dein wahres Herzblut.
Wenn das so ist, beginne neu: Beginne
die Geschichte diesesmal früher und höre früher auf.
Mache die Vergangenheit deines
Charakters nicht zu einem Prequel.
Mache sie zu deiner Geschichte.
(Aber bitte verschone mich in der
Version ebenfalls mit der Vorgeschichte des Lebens der Schwiegermutter,
den Liebesverwirrungen der ersten Thronfolger des Königreiches von
Kazoo, der Geschichte der Magie und ihrer Entstehung, sowie den
langen Kindheitserinnerungen des Helden in der Pfalz.)
Und was ein Flashback ist, wie man ihn
nutzt und wo man ihn lieber meidet, darüber macht sich Meiner Einer
dann Gedanken beim nächsten Mal.
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