Das Gesetz der Serie - Teil 3 |
Jede Geschichte hat einen Spannungsbogen. Geschichten, die
Teil einer Serie sind, haben neben dem Spannungsbogen der einzelnen Folge
häufig einen zusätzlichen Serienspannungsbogen,
der sich über alle Teile der Serie erstreckt.
Ein Spannungsbogen besteht aus einem Anfang, einem Mittelteil
und einem Schluss.
Am Anfang wird der Konflikt aufgeworfen, in der Mitte wird
der Konflikt verkompliziert und spitzt sich zu, bis er am Schluss im Showdown dann
gelöst wird. Dieses einfache Drei-Akte-Modell eines Spannungsbogens hat Meiner
Einer schon einmal ausführlicher erklärt und kann hier nachgelesen werden.
Ein Serien-Spannungsbogen hat ebenso einen Anfang,
Mittelteil und Schluss und zieht sich über alle Bände der Serie, so dass in den
ersten Bänden das Problem (z.B. eines Widersachers wie Lord Voldemort in den
Harry-Potter-Bänden) aufgeworfen wird, in den Folgebänden das Problem sich
vertieft (Lord Voldemord erlangt immer mehr Macht) und am Schluss gelöst wird
(erst im letzten Band wird Voldemort endgültig besiegt.)
Die einzelnen Bände wiederum haben ihren eigenen
Spannungsbogen mit einem eigenen Konflikt und Widersacher, der mit dem
Serienspannungsbogen verwoben ist.
So geht es für den Helden Harry Potter in Band 4 der
siebenteiligen Serie darum, das trimagische Turnier zu gewinnen; aber als Harry
den Siegespokal in den Händen hält wird er in einen Kampf mit Lord Voldemort
teleportiert, bei dem der Bösewicht wieder einen Körper erlangt und somit in
seiner Macht erstarkt. Das ganze Turnier war ein böser Plan, um an Harry zu
gelangen. So werden Serienspannungsbogen und Spannungsbogen des einzelnen
Bandes miteinander verknüpft.
Einen Serienspannungsbogen muss man also planen. Zumindest im
Groben sollte der Autor Anfang, Mittelteil und Schluss sowie die wichtigsten
Wendepunkte der Serie im Kopf haben, bevor er anfängt, die einzelnen Bände zu
schreiben. Wer eine solche Serie über mehrere Bände plant, ist im Vorteil, wenn
er nicht sofort den ersten Band veröffentlichen muss, sondern abwarten kann,
bis er Band 2 (und evtl. sogar Band 3) geschrieben hat, so dass er noch einmal
zurückgehen und Dinge ändern kann. Denn einmal veröffentlicht, muss er mit den
Details leben, die er im ersten Band festgelegt hat, und kann nicht mehr im
Nachhinein noch etwas schreiben, dass diesen Fakten widerspricht.
In den ersten Bänden müssen alle für den Showdown wichtigen
Nebenfiguren und Hinweise eingebaut werden, so dass man eine Outline für alle
Bände verfassen sollte, bevor man anfängt zu schreiben. Auch ist es von
Vorteil, bei längeren Projekten, eine Serienbibel anzulegen, in der man alle
Details auf Charakterbögen und Settingbögen festhält.
Nicht jede Serie hat einen solchen Bände-übergreifenden Serienspannungsbogen,
manche kommen auch ohne aus.
So bestehen klassische Detektivgeschichten wie die
um Hercule Poirot aus einzelnen Fällen, die nicht miteinander zusammenhängen
und in jedem Band zu einem Abschluss kommen.
Moderne Detektivgeschichten benutzen aber gerne Elemente des
Bände-übergreifenden Serienspannungsbogens, so dass es häufig einen Widersacher
gibt, der erst am Ende der Serie dingfest gemacht werden kann (und hinter den
Machenschaften steht) oder es gibt zusätzlich zu den einzelnen Mordfällen eine
persönliche Quest des Detektivs, die am Ende zu einem Abschluss findet (entführte
Tochter, verschollene Ehefrau etc.). Bei einer solchen persönlichen Quest muss
diese in jedem Band fortgetrieben werden, lässt man sie auch nur in einem
einzigen Band aus, hat der Leser das Gefühl, es gehe in der Handlung nicht mehr
voran und die Serie habe an Spannung verloren. Das führt natürlich dazu, dass
ein Autor von Detektivgeschichten, die nicht auf eine bestimmte Anzahl von Bänden
geplant ist, sondern als fortlaufende Serie ohne festgelegtes Ende, irgendwann
an einen Punkt kommt, ab der die persönliche Quest nicht länger ausgewalzt werden
kann, sondern zu einem Abschluss geführt werden muss. Im Anschluss kann eine
neue persönliche Quest eingeführt werden, oder das, was der Held glaubte,
erreicht oder erfahren zu haben, kann auf den Kopf gestellt werden (er findet
seine entführte Schwester, aber diese wurde gar nicht entführt, sondern ist fortgelaufen
…) So dass die persönliche Quest von vorne losgeht.
Auch in Fantasy-Büchern und Liebesgeschichten gibt es
heutzutage eigentlich immer ein langfristiges Ziel, das die Figur erreichen
will, und das mit den Ereignissen der einzelnen Bände verwoben ist. Häufig ist
es dieses langfristige Ziel, dass die Leser dazu bringt, zum nächsten Band zu
greifen und der Autor tut gut daran, viel Planung und Mühe auf die Ausarbeitung
des Serienspannungsbogens zu verwenden.
Fragen zum Planen einer Serie
- Soll es einen Serienspannungsbogen geben, der
sich durch jeden Band zieht und erst am Ende der Serie endgültig aufgelöst wird?
- Oder soll jeder Band einzeln für sich stehen?
- Müssen die Bücher in einer bestimmten Reihenfolge gelesen werden?
- Schließt jeder Band ab oder endet er mit einem
Cliffhanger?
- E-Shorts oder längere Bände?
- Einzelnes Genre oder Crossover? Welches Genre?
Hier geht es weiter mit dem Gesetz der Serie Teil 4: Wie entwickle ich einen Seriencharakter?
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen