Mittwoch, 1. August 2012

Show, don`t tell + Please, don´t state the obvious !

Show, don`t tell. Von dieser Regel hört man als Autor ja immer wieder. Was damit gemeint ist, ist ganz einfach:
Es bedeutet „Zeigen, nicht behaupten.“ Und das geht so:


„Er war wütend.“ Ist eine Behauptung.
„Er schlug mit der Faust auf den Tisch.“ Ist zeigen; durch die Handlung wird gezeigt, dass die Figur wütend ist.
Er schlug wütend auf den Tisch.“ Ist doppeltgemoppelt. Darum sollte Autor Adjektive meiden, denn sie beinhalten oft in sich eine Behauptung.
Show/Zeigen sollte man dann noch in eine „Beschreibung“ einbetten:
„Er schlug so heftig auf den Tisch, dass das Wasserglas überschwappte.“
So hat man in diesem Satz die Behauptung, dass eine Figur wütend sei, umgangen und gleichzeitig etwas geschrieben, das der Leser sich bildlich vorstellen kann. Der Leser ist bei diesen zwei Sätzen viel mehr drin und dabei, als bei der Behauptung: „Er war wütend.“


Oder, um es mit Anton Chekhov zu sagen: “Don't tell me the moon is shining; show me the glint of light on broken glass.”


 Show, don`t tell scheint sich also in erster Hinsicht an die sprachliche Ebene zu richten.
Doch die Regel hat auch Auswirkungen auf den Inhalt, nämlich darauf, was in einer Szene gezeigt wird.
Meiner Einer muß da an eine Szene aus dem Film „Grosse Point Blank“ denken.
Der Protagonist (schon wieder John Cusack, na sowas) besucht auf dem Friedhof das Grab seines Vaters. Dass es sich um das Grab seines Vaters handelt, erkennt Zuschauer an der Inschrift auf dem Grabstein. Dass der Protagonist seit Jahren nicht hier gewesen ist, wissen wir aus der Handlung zuvor. Jetzt erwarten wir etwas über die Vergangenheit von John Cusacks Charakter und seine Beziehung zu seinem Vater zu erfahren. Einen Grund, warum er zu dem geworden ist, was er ist (ein Auftragskiller). Klassischerweise erwarten wir, dass John am Grab einen Monolog hält. Dass er mit seinem toten Vater spricht und seine Wut rausläßt. Doch John Cusack spricht nicht.
  Er zieht eine Flasche Whiskey aus seiner Manteltasche und gießt sie über dem Grab aus.
Dann geht er.
Gut, was?
Anstatt uns zu sagen, was das Problem mit seinem Vater war, was ihn dazu gebracht hat, als Jugendlicher abzuhauen und eine fragwürdige Karriere zu starten, möglicherweise sogar in einem Flashack, zeigt der Film es uns, in einer einfachen, symbolischen, für alle verständlichen Handlung.
Alkohol auf dem Grab seines Vaters.
Dieses Bild braucht keine Worte.


 Schreibtipp: Haltet in euren Geschichten nach solchen Momenten Ausschau. Wo könnt ihr einen Dialog, eine Info, eine Rückblende oder eine andere Begebenheit in eine symbolische Handlung verpacken, in ein Bild, das keine Erklärung braucht? Habt ihr so einen Moment? Nutzt ihn!



Bei der Planung einer Geschichte hat man auch immer strukturelle Entscheidungen zu treffen.
Wie zeige ich etwas?
Wie kommt der Hauptcharakter an eine bestimmte Info? In einem Dialog oder in einem Brief? Wird etwas dem Leser nacherzählt oder ist er live dabei?
Tja.
Nicht immer leicht, der Wal.
Aber was ihr auch tut: Macht es nicht doppelt-gemoppelt.
Die Szene mit John Cusack ist deshalb so stark, weil er sie nicht kommentiert.
Das Wasserglas oben schwappt über, ohne dass man dazuschreibt, er war wütend.
Traut euch.



Wenn ihr doppelt-moppelt, seid ihr bei meiner neuen Lieblingsserie (ihr wißt schon.).
Da passiert nämlich grad mal folgendes:
Nach einem Streit zwischen den Figuren, bei denen der Zuschauer live dabei war, nimmt der Kameramann (nicht vergessen, er ist nicht da!) den Streithahn beiseite, so dass dieser dem Zuschauer noch einmal ganz genau erklären kann, was seine Beweggründe gerade waren.
Also, ich war sauer, weil der Typ mit meiner Freundin rumgemacht hat und deswegen habe ich gefordert, dass sie alle hier aus der WG ausziehen und ich bin traurig aber in Wahrheit bloß eifersüchtig, das werde ich aber niemals laut zugeben.“
Auwei.


 Was lernt Romanautor aus all dem ?


Show, don´t tell but PLEASE, don´t state the obvious !

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